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Der SUV in der Stadt ist wie Flip-Flops für die Bergbesteigung

Wann fing eigentlich der urbane Mensch mit dem Unsinn an, sich sog. "Sport Utility Vehicle", abgekürzt SUV, oder zu Deutsch Geländelimousinen unter den Hintern zu kleben*?Personenkraftwagen, in aller Regel mit Allradantrieb, mit hochgezogenen Ärschen, einem Gewicht von rund 2 Tonnen oder mehr (und dadurch einem Verbrauch/100km nahe der Zweistelligkeit oder satt drüber) und dem CW-Wert einer Schrankwand - vom CO²-Ausstoß mal ganz zu schweigen. An manchen Auspuff-Endrohren müssten im Grunde standardmäßig Gitter angebracht sein, um heimische Wildtiere vom irrtümlichen Nestbau abzuhalten. Dick, durstig, teuer - SUVs vereinen alle Aspekte der automobilen Unvernunft. Dennoch verkaufen sie sich bestens: 2016 hatte dieser Fahrzeugtyp in Deutschland einen Marktanteil von über 21%!

Früher waren diese Fahrzeuge etwas für Aristokraten mit Haus in London und Hof im Engadin. *In der Boomphase der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entdeckte dann plötzlich das aufsteigende urbane Bürgertum das SUV für sich und seine Spritztouren innerhalb der Stadtgrenzen. Mittlerweile ist die breite Masse fasziniert von dem Konzept, weil es ihr ermöglicht, zumindest in Gedanken dem Alltag (Büro - Familie - Reihenhaus) zu entfliehen: Das SUV ist das Fahrzeug des Eskapismus. Und es strahlt offenbar jene Potenz aus, mit der sich Fahrer für jede Lage gut gerüstet fühlen - sowohl für den Kavaliersstart an der Ampel, als auch den Abstecher zum Tennisplatz. Im Übrigen gibt es für alle, die aus der Stadt nicht rauskommen, aber es zumindest so aussehen lassen wollen (warum auch immer), "Matsch aus der Dose" - unglaublich. Dreck für Geld.
Schaut man heute an einer beliebigen Grundschule ab ca. 7:30 Uhr dem allmorgendlichen Bringservice zu, könnte man mit großer Sicherheit das Gefühl bekommen, hier werden beinahe ausschließlich Töchter und Söhne von Förstern und Landwirten beschult. Für diese Berufsgruppen machen solche Fahrzeuge (in ihrer urspünglichen Version) ja vielleicht durchaus noch Sinn. Doch warum für die (vermutlich besser betuchte) Gattin, welche mit solch einem Boliden anschließend zum Supermarkt fährt (wenn sie denn eine passende Lücke für die rund 2m breiten Geschosse findet - die Mindestbreite vom modernen Parkraum variiert in Deutschland je nach räumlicher Situation zwischen 2,3 m und 2,5 m), um ein Päckchen Brühwürfel zu kaufen und ansonsten sogar das Wort "Landstraße" eher nur vom Hörensagen kennt?

Ob die erhöhte Sitzposition sicherheitstechnisch wirklich etwas bringt, ist umstritten. Autos mit hohem Schwerpunkt sind schwerer zu beherrschen. SUV-Fahrer sollen gar eher dazu neigen, riskanter zu fahren, weil sie das trügerische Gefühl haben, in einer Burg zu sitzen.
Eine Analyse von 955 Anprallereignissen an Fahrzeugrückhaltesystemen hat gezeigt, dass SUV im Vergleich zu herkömmlichen Pkws ein achtfaches (!) Risiko für einen Fahrzeugüberschlag haben. Außerdem stellen SUV ein erhöhtes Unfallrisiko für andere Verkehrsteilnehmer dar: Für Fußgänger (insbesondere Kinder) wird das Verletzungsrisiko durch die hohe Fahrzeugfront gesteigert - durch Exemplare mit Frontschutzbügeln sogar zusätzlich verstärkt (eigentlicher Sinn: Rammschutz gegen Wildtiere). Wenn einem in der Stadt also schon nicht Wildschwein, Hirsch und Co. begegnen, macht einem so ein Kinderkopf wenigstens keine Beule in die Motorhaube. Bei Kollisionen mit anderen PKW wird das leichtere Fahrzeug stärker beschädigt - Crashtests haben ergeben, dass die Knautschzonen nur bedingt kompatibel sind (wie auch, wenn z.B. ein Kleinwagen mit nur der halben Masse gegenüber steht?). Auch für Motorradfahrer sind die höheren Fahrzeuge gefährlicher, da sie insbesondere beim Seitenaufprall nicht über das Fahrzeugdach hinweg gleiten können, sondern auf das Fahrzeug prallen oder sogar durch die Scheibe in das Fahrzeuginnere eindringen.

Also ganz im Ernst: WER BRAUCHT SOWAS? Abgesehen vielleicht von den Förstern und Landwirten... Mercedes hat vor einigen Jahren ein Elektro-SUV vorgestellt... 2,5 Tonnen schwer - 2.500 KILOGRAMM! Das sind zwei VW Polo, eine afrikanische Elefantendame wiegt nur ca. 500kg mehr. Mit etwas weniger hätte man die Reichweite von bis zu 450km, sicher noch erhöhen und manchen Diesel in den Schatten stellen können. Aber mit 70.000 Euro (Einstiegspreis!) ist das sicher sowieso auch wieder ein reines Vernunftauto...

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