Direkt zum Hauptbereich

Jammern auf hohem Niveau

Um den Kalauer gleich vorweg zu nehmen... Niveau ist KEINE Creme! Wer hin und wieder Nachrichten hört/liest/was-auch-immer, könnte das Gefühl bekommen, im falschen Film zu sein. Die Lokführer_innen streiken... mal wieder. Der öffentliche Dienst auch... gefühlt mal wieder. Die Apotheken ebenfalls... die halbe Welt streikt scheinbar. Für bessere Arbeitsbedingungen, für mehr Gehalt. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Das Streikrecht ist Teil dieser Demokratie. Wenn es irgendwo ein Ungleichgewicht gibt, dann sollte man deswegen ruhig auf die Straße gehen. Nur bei manchen kommt mir diese Gepflogenheit vor, wie Karneval, Grippewelle oder Spargelzeit... alle Jahre wieder. 


Ich habe roundabout 30 Jahre Arbeitsleben hinter mir, war in rund einem halben Dutzend verschiedener Jobs, unterschiedlicher Branchen, in gut einem Dutzend Firmen. Ich habe noch NIEMALS in meinem Leben gestreikt. Ich war zwar mal eine gewisse Zeit lang Mitglied einer Gewerkschaft, aber vermutlich (damals) zu kurz, um einen Streik mitzuerleben. Ich war auch noch nie auf einer Demonstration. Gab es in den vergangenen Jahren gefühlt ein Jahr ohne Lokführer_innen-Streik? Immer regelmäßig auch vor Weihnachten. Genauso sicher wie die Bahn zum Jahresende ihre neuen Tarife vorstellt, bevor halb Deutschland an den Feiertagen zu Verwandten fahren will. Natürlich sollen die Menschen fair bezahlt werden und vernünftige Arbeitsbedingungen haben - gleichwohl ich bezweifle, dass irgendwem 14-Stunden-Schichten bei unter zehn Euro zugemutet werden. Allein weil dem zwei Gesetze entgegenstehen: Das Arbeitsschutzgesetz und der Mindestlohn. 

Sicher, es gibt immer wieder diese Diskussionen (auch die bin ich langsam leid) "Der Mindestlohn reicht hinten und vorne nicht!"... "Da kann ich ja gleich zu Hause bleiben und 'hartzen'!". Zum einen ist letzteres kein guter Plan, weil irgendwer "bezahlt" dein Bürgergeld ja. Und davon abgesehen arbeitet der Mensch per se erst einmal nicht nur des stupiden Broterwerbs wegen. Beruf kommt ja bekanntermaßen von "Berufung". Soll heißen: Zumindest ein Großteil soll in seiner Arbeit auch eine gewisse Erfüllung, Befriedigung finden. Klar, nicht alle können Gehirnchirurg, Anwältin oder Jetpilot werden, es muss auch die geben, die bei der goldenen Möwe die Pommes wenden.

Gehen die Lokführer_innen in den Streik, weil sie damit für ein bezahlbares Deutschland-Ticket kämpfen? Oder die Apotheker_innen, um endlich ein Ende des Versorgungsengpasses von Hustensaft und Antibiotika herbeizuführen? Ich denke nein... es wird tendenziell eher monitäre Gründe haben. Gleichwohl in dem Zusammenhang immer wieder vor der Lohn-Preis-Spirale gewarnt wird. Vereinfacht dargestellt:

  • Die Preise steigen, die Menschen fordern mehr Lohn, weil sie sich nichts mehr leisten können
  • Die Arbeitgeber müssen mehr Lohn zahlen, kalkulieren diese Kosten in die Preise ein
  • Die Preise steigen, die Menschen fordern mehr Lohn... usw.

Aber es sind ja nicht nur die Streikenden... Da sind Menschen, die regen sich in den "sozialen Medien" darüber auf, dass sie für zehn Brötchen fünf Euro bezahlen sollen. Brötchen, die dir jemand mitten in der Nacht, als du friedlich geratzt hast, gebacken hat. Und diese Aufregung hat derjenige dann in sein neuestes iPhone für >1.000 Euro gebrüllt. Diese Anschaffung war auch zwingend notwendig, weil es (revuloutinär!) 0,5g leichter ist, als der Vorgänger, mit dem man gerade mal 1,5 Jahre "ganz okay" telefoniert hat.

Oder für manche ist es schlicht ein Bedürfnis hunderte oder gar tausende von Euros für einen Hochleistungs-Grill auszugeben, inkl. jedem erdenklichen Schnickschnack/Zubehör und finden es dann völlig in Ordnung das Kilo Steak vom Discounter für 1,99 Euro zu kaufen. Das sind einfach unterschiedliche, verkehrte (!) Prioritäten. Warum fällt es so schwer, uns beim Thunfisch-Kauf dafür zu entscheiden Delfine NICHT zu töten, beim Kleidungskauf Kinderarbeit NICHT zu unterstützen, beim Möbelkauf den Regelwald NICHT abzuholzen? Weil Ausbeutung billig ist! Und Geiz ist schließlich "geil". Ich erinnere hier auch an meinen früheren Blog-Beitrag.

Ich lese von "Gastrokalypse", weil landauf landab Restaurants schließen, weil die reduzierte Mehrwertsteuer zum Jahresende nicht verlängert wird. Man möchte seinen Gästen kein Schnitzel für 30 Euro anbieten bzw. befürchtet, dass sich das nur noch wenige, zu wenige leisten. Stichwort Rentabilität. Und dann sorgen natürlich der gestiegene Mindestlohn, explodierende Energiekosten und Fachkräftemangel für ihr Übriges.

Überhaupt das Aussterben von Geschäften, speziell im Einzelhandel. Große Firmen gehen genauso pleite, wie kleine Familienunternehmen. Statistiken zufolge macht jeden Tag eine Bäckerei in diesem Land dicht. Bei mir im Ort schließt (nach 175 Jahren!) eine Apotheke unter anderem aufgrund der angespannten Verkehrssituation seit geraumer Zeit (Straßen-Sanierung). Auch hier sind gestiegene (Energie-)Kosten und Fachkräftemangel mit ein Grund. Rund 250 Meter ist die nächste Apotheke... des Ehemanns... die bestehen bleibt. Muss ich in den Innenstädten alle 250 Meter eine Apotheke, alle 500 Meter einen Friseur/Barbier, alle 800 Meter eine Spielhölle haben? Nein.

Natürlich ist das tragisch, wenn langjährige Traditionsunternehmen oder beispielsweise der Lieblings-Grieche um die Ecke dicht macht oder das ach so tolle Schreibwarengeschäft in welches man aber nie gegangen ist, weil die Sachen immer so viel teurer als im Internet waren. Oder wenn man beim Räumungsverkauf des Haushaltswarengeschäfts sagt "So schade, dass sie schließen müssen... gibt es für den Topf auch die 70% Rabatt?". 

Millionen von Idioten jammern über hohe Spritpreise, gurken dann aber mit ihrem SUV zum Fitness-Center, um dort "Fahrrad zu fahren"!

Die Deutschen meckern gern, dass nichts funktioniere, um dann in Angst zu verfallen, wenn sich etwas ändern soll.
Wir streiten über Kleinigkeiten und Belangloses. Es sind ständig die gleichen Sätze, die man zu hören bekommt:
  • Es werden alle Risiken eintreten!
  • Wie sollen wir das bloß bezahlen?
  • Das Glas ist immer (nur) halbleer!
  • Warum trifft es immer nur mich/uns?
  • Wir werden alles verlieren!
  • Soll ich den neuen Sportwagen wieder abbestellen?
Wo sind denn die unheilvollen Prognosen der Schwarzseher aus den letzten Jahren? Alle Corona-Geimpften müssten doch eigentlich längst tot sein! Der Winter 2022/2023 hätte laut der ganzen "Seher" so kalt und dunkel sein müssen, wie damals im Mittelalter (Abschaltung der AKW, kein Gas aus Russland,...). NICHTS davon ist eingetreten, GAR NICHTS! Wir sind ein Volk der Schwarzmaler, keine nüchternen Realisten und erst recht keine Optimisten oder Fantasten.
 
Auch beliebt "Ändert sich doch nix!". Hagen Rether hat das herrlich auseinandergenommen. Ich verstehe das auch nicht. Diese ganze Missmutigkeit... Geflüchtete nehmen uns (angeblich) alle Jobs, Wohnungen und Zahnarzttermine weg? Bullshit! Schau einfach mal näher hin, wenn dir ein netter Mann das nächste Mal Essen liefert (wenn Sushi an der Türe läutet, werden Menschen ausgebeutet!), dir die Arzthelferin das Rezept fertig macht... vielleicht ist das ein Mitmensch, der/die mit solch einer Einstellung genau das gerade nicht tun würde/könnte, weil er vielleicht abgeschoben werden würde oder sie mangels "geeigneter Nachweise", die man auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung "vergessen" hat, einfach nicht arbeiten lässt. Viele unserer Groß-/Eltern waren seinerzeit selbst vielleicht sogar Flüchtlinge, als sie am Ende des 2. Weltkriegs aus ihrer damaligen Heimat vertrieben wurden z.B. aus Pommern, Schlesien o.ä..
Ja, ich weiß, im Moment scheint manchmal alles "zu viel": Krieg in Europa, der Nahost-Konflikt eskaliert, in Island und Italien brodelt es unter der Erde gewaltig, Corona ist nicht wirklich tot, Klima- und auch immer noch ein wenig Energiekrise, der Antisemitismus und Rechtsradikalimus erstarkt immer mehr... ja da kann man durchaus ein wenig verzweifeln und versucht sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Aber löst das ein Problem? Nein!
Genausowenig wie "Nachrichten" die an Belanglosigkeit kaum zu unterbieten sind: Seit dem "Dschungelcamp" im Januar verging gefühlt kein Tag (macht gerne selbst den Test), an dem bei Google News nicht über Peter oder Iris Klein berichtet wurde - keine Sau kannte die vorher und wer interessiert sich dafür?! Und ob "Maren und Michi heute zusammen bei GZSZ einschlafen", SIND KEINE NACHRICHTEN! Solange es Menschen gibt, die solche Nichtigkeiten schreiben, lesen und vielleicht sogar kommentieren, solange KANN ES UNS NICHT SCHLECHT GEHEN!
 
Dass es dir im Gegensatz zu sehr vielen anderen gut geht, erkennst du an acht Kennzeichen:
  1. Du hast ein Dach über dem Kopf - immerhin über eine halbe Million Menschen in Deutschland sind ohne Obdach.
  2. Du hast heute etwas gegessen - in Deutschland sind drei Millionen Menschen von Ernährungsarmut betroffen. Weltweit leiden fast eine dreiviertel Milliarde Menschen an Hunger oder Unterernährung.
  3. Du hast sauberes Wasser - zwei Mrd. Menschen warten weltweit auf sauberes Wasser. Unterversorgung gefährdet das Leben vieler Kinder. Alle zwei Minuten stirbt ein Kind aufgrund von verunreinigtem Wasser.
  4. Du hast saubere Kleidung - im Grunde sogar wohl viel zu viel davon. Jede/r Deutsche kauft pro Jahr im Schnitt 60 neue Kleidungsstücke, fast ein Fünftel davon wird nur zwei Mal getragen und zählt dann zu den rund 5,5kg Altkeidung/Kopf/Jahr.
  5. Du atmest frische Luft - die deutschen Schwefeldioxid-Emissionen betrugen 1980 noch über 5 Mio. t und damit fast 12mal so viel wie bereits 2009.
  6. Du hast anderen etwas Gutes getan - und wenn es nur das Türaufhalten oder ein Kompliment war.
  7. Du nimmst dich nicht zu ernst.
  8. Du hast heute wenigstens einmal gelächelt - ein herzliches Lachen lockert die Muskeln, befreit aufgestaute Emotionen, entspannt den Magen-Darm-Trakt und setzt Glückshormone frei ¬– zwei Minuten Lachen sind für Körper und Geist so gesund wie etwa 20 Minuten Joggen


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

ICH VERSTEHE ES EINFACH NICHT!

Nein, sorry. Ich komm' einfach nicht mehr mit. Geht nicht in mein Hirn rein. Besteht dieses Land nur noch aus Menschen, die ihre Denkfabrik gegen ein aufgeweichtes Brötchen getauscht haben und/oder sich wie Friedrich Merz selbst (mit einem geschätzten Vermögen von rund 12 Mio. Euro) zur " gehobenen Mittelschicht " zählen und deswegen mehrheitlich künftige Politik für Wohlhabende wählen? Ehrlich, anders begreife ich das nicht. Gut möglich, dass ich z.B. auf Instagram in einer Bubble stecke, wo man denken könnte, es geht noch vielen anderen so. Aber ganz offenbar spiegelt diese Bubble nicht die Mehrheit der Wahlberechtigten wieder. Denn wie ist sonst solch ein aktuelles Umfrageergebnis möglich? Halten wir uns nochmal ganz kurz an den Fakten fest: Dem Kanzlerkandidaten der Union haftet die Skepsis von Führungskompetenz an, da er noch nie (!) ein Amt mit Regierungserfahrung bekleidete. In den jeweils 16 Jahren Kanzlerschaft von Helmut Kohl und Angela Merkel haben ihn beide ...

"I did it my way" - mein Jakobsweg

Die Inspiration 2006 erschien Hape Kerkelings Buch "Ich bin dann mal weg – Meine Reise auf dem Jakobsweg". Er ging den Weg im Jahr 2001. Auslöser für die Entscheidung, war ein Hörsturz sowie die Entfernung seiner Gallenblase. Das Buch war mehr als hundert Wochen lang auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste für Sachbücher und irgendwann landete es auch bei mir - ich habe es seinerzeit im Dänemark-Urlaub inhaliert. 2015 kam dann die Verfilmung in die Kinos und ab 2017 dann auch ins Fernsehen. Sowohl Buch als auch Film zogen mich gewissermaßen in seinen Bann. Foto: Pixabay Die Idee reift 2020, im Jahr der Corona-Pandemie reifte dann bei mir der Wunsch, den Jakobsweg selbst zu gehen. Ich schaute mir einige Youtube-Videos von erfahrenen Wander_innen bzw. Pilger_innen an, las eine Menge Seiten im Internet und plante den Weg dann 2021 zu gehen. Im Herbst 2020 wurde dann jedoch ein Meniskusriss diagnostiziert, welcher Anfang 2021 operiert wurde. Mit anschließender Reha war das V...

Verbot von privatem Feuerwerk - JETZT!

Ja, ich weiß... jetzt heißt es bei manchen " Zwei Artikel hintereinander zum gleichen Thema? ". Beruhigt euch! Mit den jüngsten Eindrücken, insbesondere diverse Videos auf Instagram und Co. komme ich da leider nicht drumherum, (nochmals) meinen Senf dazuzugeben, verbunden mit einem eindringlichen Appell. Zudem lag der Fokus des vorangegangenen Artikels auf dem Kauf, dieser hier handelt vom Umgang mit Feuerwerk und den m.E. daraus resultierenden notwendigen Maßnahmen. Silvester in den 1970ern: Im Fernsehen wird der Countdown gezählt, Mitternacht, man macht eine Flasche Sekt auf, stößt an. Man geht vor die Tür, behangen mit Luftschlangen und bunten Papphütchen auf dem Kopf, zündet seine drei Raketen, "Aaaahhh, Ooohh". " Frohes Neues! " wird den Nachbarn auf der Straße zugerufen und dann wurde drinnen weitergefeiert. Die Älteren werden sich erinnern. Grafik: Collage Heute: Tagelanger Bürgerkrieg ! JA, sagen wir es doch, wie es ist! Nur ein kurzer Rückblick a...