Nein, das wird ganz sicher keine Veganismus-Debatte, um das direkt vorweg zu nehmen. Dieses Mal geht es darum, dass bei zu vielen Zweibeinern die Ansicht vertreten wird "Ist doch nur ein Hund!" oder Katze, Maus, Meerschweinchen oder was-auch-immer. Was soll uns dieses "nur" sagen? Was soll das bedeuten? Niemand sagt "Ist doch nur ein Kind". Tierhalter_innen sprechen gerne davon, dass Hund oder Katze zur Familie gehören, Familienmitglieder sind, wie Kinder, Großeltern, manchmal auch sehr enge Freunde. Ein Sprichwort sagt auch "Das letzte Kind hat immer Fell.".
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Komm bald wieder nach Hause, kleine Dina |
Insofern ist es nicht verwunderlich, dass man praktisch alles für sie tut: Mehrmals am Tag bei Wind und Wetter raus (oder bei Katzen diverse Abstriche an der Einrichtung hinnehmen), man macht das Kistchen sauber oder entfernt, nur mit einer dünnen Folie über der Hand, Hinterlassenschaften, gibt Unsummen für Futter, Spielzeug und sonstiges Zubehör, Impfung und sonstige Tierarztbesuche aus. Und da sind wir beim ersten Thema. Tierarztkosten sind jüngst in die Diskussion geraten, derweil sie spürbar angestiegen sind. Mit wie viel Geld ein Haustier insgesamt zu Buche schlägt, hat der Deutsche Tierschutzbund ausgerechnet: Je nach Größe kostet z.B. ein Hund über das gesamte Leben inklusive der Anschaffungskosten zwischen 12 000 und 17 000 Euro (Vergleich: Durchschnittlich rund 148.000 Euro kostet ein Kind bis zum 18. Lebensjahr, aber das nur am Rande). Denn mit Futter und der einen oder anderen Impfung hört es ja nicht auf: Steuern, (Haftpflicht-)Versicherung. Und da sind wir beim zweiten Thema.
Es gibt doch grundsätzliche Unterschiede zwischen Kindern und Tieren - gemeinsam haben sie nur die notwendige, teils schwierige Erziehung. Der eine Unterschied ist: Während man für einen Hund einen sog. Sachkundenachweis (inkl. theoretischer und praktischer Prüfung) erlangen muss, dürfen alle munter und ohne jeglichen Eignungsnachweis Nachwuchs in die Welt setzen. Niemand wird dich an der Fortpflanzung hindern oder wenigstens das Kindergeld verweigern, wenn du erwiesenermaßen ungeeignet bist, Kinder großzuziehen, weil man sie dir z.B. bereits wegnehmen musste.. aus welchen Gründen auch immer. Anderes Thema. Der andere ist: Für die Kinder gibt es dann postwendend ncach der Geburt die Versichertenkarte der Krankenkasse und damit vollumfänglichen Schutz mit regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, ja nicht mal eine Rezeptgebühr fällt bei Kindermedikamenten an. Das ist bei unseren Vierbeinern komplett anders. Die sind sozusagen stets "Privatpatient", man zahlt alles selbst und bekommt es auch nicht von der Versicherung erstattet, wenn man keine abgeschlossen hat.
Natürlich gibt es Versicherungen für Tiere: Es gibt sog. reine OP-Versicherungen, aber auch Krankenversicherungen für Hund und Katze. Die kann man bei verschiedenen Anbietern abschließen, für monatliche Beiträge zwischen rund 30 und 90 Euro. Je nach Umfang der Leistungen, das ist ein bisschen wie an der Tankstelle mit der Autowäsche (Bronze-, Silber-, Gold-, Premium-, Platinum-Wäsche/-Tarif), denn auch hier gibt es wesentliche Unterschiede zur menschlichen Krankenversicherung. Während letztere meist alles im Normalfall übernimmt, oder wenigstens anteilig bzw. bestimmte Grundleistungen (wir denken an Zahnersatz), hat man bei der Tierversicherung im Vorfeld des Abschlusses die Qual der Wahl, welchen Umfang man braucht/bezahlen kann/will, bzw. danach gewisse Einschränkungen. Wie erwähnt, zahlt die eine nur, wenn operiert werden muss. Allgemeine Behandlungen, die bei einer gesundheitlichen Veränderung notwendig sind, deckt nur die Krankenversicherung ab. Aber auch da gibt es Einschränkungen: Jahreshöchstsätze oder Selbstbeteiligungen, Ausschlüsse bei bestimmten (Vor-)Erkrankungen oder bei rassebedingten, erblichen Schäden, Altersgrenzen bei Aufnahmen und und und. Es gibt beispielsweise einen Anbieter, der die Versicherungssumme bei ambulanten und stationären Heilbehandlungen auf 600€ im Jahr begrenzt (+250€ je leistungsfreiem Jahr). Dafür verlangt er 56,90 Euro monatlich Beitrag. Kann man jetzt einfach mal durchrechnen: Man zahlt 682,80 Euro Beitrag, bekommt aber für ambulante/stationäre Behandlungen (die ja der Regelfall sind) nur 600 € raus (im ersten Jahr). Danach wird die "Amortisation" noch schlechter (im zweiten hat man ja schon fast 1.400€ bezahlt, bekäme aber nur 850€). Wenn Fiffi also nicht jährlich eine Operation benötigt, zahlt man hier vermutlich eindeutig drauf. By the way: Die Versicherungssumme auf Operationen ist im erwähnten Beispiel auch auf 3.000€ im Jahr begrenzt.
Kurz gesagt: Es gibt Versicherungen, die sind sehr wichtig (Berufsunfähigkeits-), manche sind sogar Pflicht (Kfz-/Haftpflicht-), aber manche braucht wiederum kein Mensch (Reisegepäck- oder Glasbruch-; ist meist auch in anderen, wichtigeren inbegriffen, z.B. Hausrat- oder Wohngebäude-) oder halt auch kein Tier. Wir haben uns vor einigen Jahren, als unser erster Beagle Buddy in die Familie eingezogen ist, nach einigem Hin- und Her-Überlegen dazu entschlossen, den möglichen monatlichen Betrag lieber auf einem Tagesgeldkonto anzusparen und dann im Fall der Felle (!) anzurühren. Dann kam 2022 unser zweiter Beagle Dina aus dem Tierschutz. Sie war zu dem Zeitpunkt knapp 1,5 Jahre alt und kam aus Sardinien. Der Tierschutz verlangte dann nach einem halben Jahr, also Mai 2023, eine Blutuntersuchung, einen sog. "Mittelmeer-Check". Bei diesem wurde dann Babesiose festgestellt. Im Volksmund wird dies auch als "Hunde-Malaria" bezeichnet - man ist sich uneins, ob dies 100%ig zutreffend ist. Unser Tierarzt meinte damals, dass man mit dieser Diagnose nicht in Hektik verfallen müsse, will sagen: Es braucht jetzt nicht zwingend eine Behandlung. Dem Tier geht es gut, es trägt etwas in sich, aber akut ohne jegliche Symptome Medikamente o.ä. zu verabreichen... nein.
Dann kam der 05.12.2023. Morgendliche Gassirunde. Blut im Schnee. Tierarzt angerufen - Terminvorschlag 16:00 Uhr. Anderen Tierarzt angerufen: 11:00 Uhr. Dort angekommen: Untersuchung. Blutergüsse am Bauch entdeckt, leichte Rötung der Augen, geschwollene Lymphknoten. Nach Blutuntersuchung, Abbruch, sofortige Überweisung in die Tierärtzliche Hochschule "Wir melden sie dort an, schicken den Befund direkt dorthin". Thrombozyten-Wert ist praktisch Null. Im Grunde lebensbedrohlicher Zustand. In der TiHo, warten, warten, sehr lange warten. Dann Aufnahme, Nachfrage was der Grund des Besuches sei. Gegenfrage: Hat die Tierärztin nicht den Bericht geschickt? Nein, uns liegt noch nichts vor. Boooaah. Machen wir es kurz: Sie musste dort bleiben, zur weiteren Untersuchung und Beobachtung.
Immer wieder denkt man sich "Das Jahr kann nicht noch bescheidener werden (als das zuvor)" und dann kommt das Schicksal um die Ecke und kackt dir einen noch größeren Haufen direkt vor die Füße.
Der eine oder die andere wird vielleicht fragen, was der "Spaß" denn kostet? Bei der Tieräztin wurden für eine halbstündige Untersuchung rund 250 Euro fällig. Der Nachmittag in der TiHo kostete etwa 650 Euro und die ersten drei Tage stationäre Behandlung/Unterbringung schlagen mit ca. 800 Euro zu Buche. In Summe werden es am Ende wohl über 2.000 werden. Manch eine/r mag reflexartig verleitet zu sein, zu sagen "Seid ihr wahnsinnig? So viel Geld, für einen Hund!?". Wie ich schon sagte, es ist nicht "nur" ein Hund, es ist ein Mitglied der Familie. Manche sagen scherzhaft "Dein Hund darf im Bett schlafen?" - "Ich würde ihm mein Auto geben, wenn er es bräuchte!". Wir sprechen von einem lebensfrohen Geschöpf, im Alter von gerade mal zwei Jahren, menschlich umgerechnet also gerade in der Pubertät, sozusagen das ganze Leben noch vor sich. Es freut sich, wenn du nach Hause kommst, fordert Streicheleinheiten ein, schaut dich verliebt an, leckt deine Hand, schläft in deinem Arm. Es wäre vielleicht noch etwas anderes, wenn wir von einem Senior mit 13, 15 Jahren sprechen würden, wo naturgemäß wenig Restlebenszeit zu erwarten besteht bzw. andere Gebrechen bestehen und man sich fragt "ist es nicht im Grunde nur eine Qual?", doch da sind wir mit einem menschlichen Vergleich auch ganz schnell bei dem Thema Sterbehilfe. Ganz dünnes Eis.
Machen wir doch mal die Gegenprobe. Sagen wir dein Kind ist krank, sehr krank. Und du könntest nicht, wie hierzulande üblich, deine kleine Kunststoffkarte zeigen und musst nichts zur Behandlung zuzahlen. Am Ende deines Arztbesuches oder Krankenhausaufenthaltes bekommst du nicht die Aufforderung, bitte vor dem Verlassen erst noch zur "Zentralkasse" zu gehen und deine Rechnung zu bezahlen. Nehmen wir an, du müsstest, wie in vielen anderen Ländern ohne Krankenversicherung durchaus üblich, die Behandlungskosten selbst tragen... Hunderte, tausende, vielleicht zehntausende Euro. Würdest du irgendwann, je nach finanziellen Möglichkeiten, sagen "Puuuh, ich kann nicht mehr... brecht die Behandlung ab... muss das Kind eben leiden... oder 'schläfert' es ein"? Nein, natürlich nicht. Man würde nicht mal auf die Idee kommen, abgesehen davon, dass sich hierzulande schlicht nicht die Frage nach dem Abstellen der Maschinen o.ä. stellt. Sicher in manchen Regionen der Welt ist die medizinische Versorgung und auch die Armut katastrophal - das ist aber ebenfalls eine andere Sache.
Wieder andere höre ich sagen "Hättet ihr doch mal ne Versicherung abgeschlossen!". Ja hätte man machen können. Doch vermutlich hätte uns das nichts genutzt, denn wie bereits erwähnt, existieren praktisch überall gewisse Ausschlüsse. Soll heißen, man kann dann gerne seine 50 Euro im Monat zahlen und bekommt die Impfung erstattet oder auch die Medikamente, die aufgrund eines Flohbefalls oder einer Ohrentzündung notwendig sind. Doch im Vergleich zu den Beiträgen sind das Lapalien. Die teuren Behandlungen sind entweder von vornherein nicht inkludiert, mindestens aber gedeckelt oder wären nachträglich, jetzt, wo die Krankheit bekannt ist, gar nicht mehr versicherbar. Da weiß die Versicherung von vornherein: DAS ist ein Minusgeschäft, das lassen wir besser sein. Allein die notwendigen Medikamente, wenn unsere Hundedame die Therapie übersteht, werden sich ein Leben lang auf rund 60 Euro jeden Monat belaufen. Es hilft also nur der Griff in die Privatschatulle.
In Neuseeland wurde 2018 per Gesetz beschlossen, dass Tiere fühlende Lebewesen sind. Tierversuche für Kosmetika sind seitdem dort z.B. untersagt. Es gibt rechtliche Regelungen, die bei Tieren genauso Anwendung finden wie bei Gegenständen. Früher mag beispielsweise das Überfahren einer Katze nur eine "Sachbeschädigung" gewesen sein. Die Rechtsprechung berücksichtigt (heute) aber, dass es sich bei Tieren um Lebewesen handelt. Tiere sind keine Sachen. Das ist im Bürgerlichen Gesetzbuch klar geregelt (§ 90a BGB): Tiere sind Mitgeschöpfe, die Schmerzen und Leiden empfinden. Darum schützen sie besondere Gesetze wie das Tierschutzgesetz.
Abschluss-Ratschlag: Weihnachten steht vor der Tür. Denkt sehr gut über lebendige Weihnachtsgeschenke nach!
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