Ich habe einen Artikel gefunden, der mich zu dem heutigen Thema inspiriert hat. Dort geht es um eine Frau, welche sich als Kundenbetreuerin bei einem global tätigen Unternehmen beworben hat. Bereits im Vorstellungsgespräch sagte der Personalchef zu ihr "dass sie niemals mit der Arbeitsbelastung Schritt halten könnte". Das ist für's erste Gespräch schon mal ein Statement! Sie wies diese Unterstellung natürlich mit Verweis auf ihre Effektivität und Effizienz von sich, ohne zu ahnen, dass kein Maß dieser beiden Werte jemals ausgereicht hätte, um mit den Inlandsreisen, den Gesprächen mit Kunden, der Leitung eines funktionsübergreifenden Teams und der Verwaltung aller Verwaltungsabläufe Schritt zu halten. Darüber hinaus war sie nämlich auch noch alleinerziehend und pflegte ihre kranken Eltern - allein diese beiden Faktoren sind für viele ja schon lebensfüllend. Ihre Teammitglieder scherzten immer: „Du bist erst dann ein richtiger Mitarbeiter hier, wenn du vergessen hast, deine Kinder von der Tagesstätte abzuholen.“. Ja, echt lustig. Okay, spätestens nach der Aussage hätte ich mich gefragt, ob ich hier richtig bin, ob es DAS wert ist. Randfakt: Sie verpasste mehr als einmal den letzten Aufruf um 18:30 Uhr in der Kindertagesstätte.
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Die Arbeit als Hamsterrad - Grafiken: Pixabay (Collage) |
Hier halten wir einmal inne... Ich weiß noch, dass wir seinerzeit die Kinder in der KiTa zum Frühdienst (zwischen 7 und 8 Uhr) gebracht und dann (tageweise) im Spätdienst (zwischen 16 und 17 Uhr) wieder abgeholt haben. Ich habe Vollzeit, meine Frau 33h/Woche gearbeitet zu dieser Zeit. Bedeutet: Die Kinder waren dann meist auch einen Arbeitstag lang in der Einrichtung. Rückblickend betrachtet: Die haben die Erzieherinnen dort länger gesehen als uns, aber gut: Wir sehen unsere Kollegen_innen auf der Arbeit streng genommen auch länger, als die eigene Familie (rechnet mal nach!). Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass die Kinder der o.g. Mutter nochmal mind. zwei Stunden länger dort bleiben mussten - zumindest manchmal - dann frage ich mich schon, was an dem Bild nicht stimmt.
Ich meine, blicken wir mal zurück. Wir haben früher (also jetzt "ganz früher") unser Tagwerk damit zugebracht, etwas Essbares auf den Tisch, bzw. ans Feuer in der Höhle zu bringen, viel mehr Lebensinhalt hatten wir nicht, vielleicht noch die Lebensweisheit an unsere Nachkommen weitergeben (Feuer machen, Mammut jagen, usw.). Und irgendwann waren wir des Umherziehens leid, haben uns irgendwo niedergelassen und begannen mit Ackerbau und Viehzucht. Der Alltag war jedoch immer noch geprägt von Arbeit, dem Versorgen der Familie. Erst (sehr viel) später dachte man nicht mehr nur an sich und seine Lieben, sondern startete damit, mehr als den Eigenbedarf zu erwirtschaften und den Überschuss zu veräußern, bzw. (vor der Erfindung des Geldes) zu tauschen, in Dinge die man nicht hatte bzw. nicht selbst machen konnte. Es entwickelte sich dazu, dass Menschen Dinge besser konnten als andere und dies dann eben als "Beruf" ausübten. Eine gewisse Zeit lang ackerte man dann vornehmlich für irgendeinen Adeligen, meist von Sonnenauf- bis -untergang, tagaus, tagein. Bis hinein in das Zeitalter der Industrialisierung - 14 bis 16 Stunden an ("nur" noch) sechs Tagen pro Woche sind bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts für Arbeitende die Regel. Davon waren auch Kinder (unter 14 Jahren) nicht ausgenommen. Ackern kann der Pöbel, Bildung/Schule war nur für Priviligierte.
Irgendwann hatten dann die Arbeiter_innen die Schnauze voll von dieser Ausbeutung zu Hungerslöhnen, es gründeten sich Gewerkschaften und das Arbeitsrecht bzw. vielmehr der Arbeitsschutz entstand/entwickelte sich. Einige Zeit später, in den 1970er-Jahren wurde das Schlagwort 35-Stunden-Woche populär. Heute arbeiten die meisten in der Regel rund 40 Stunden pro Woche an fünf Tagen - das klassische "9 to 5" (also 9 bis 17 Uhr = 8h-Tag). Das mal der geschichtliche Ablauf im Schweinsgalopp und jaaa, das ist sehr rudimentär runtergebrochen. Aber das ist ja auch nicht das Hauptthema.
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Gewerkschaftsplakate 1960er/70er - Fotos: Collage |
Aber warum, bzw. vielmehr "wie" arbeiten wir? Da gibt es, ganz grob gesprochen, drei Gruppen:
1. Diejenigen, welche ihren Beruf zur Berufung gemacht haben (daher kommt auch der Wortstamm), die also in der Aufgabe voll und ganz aufgehen. Die bestenfalls mit ihrem Hobby aus Jugendzeiten nun Geld verdienen. Möglicherweise auch mit etwas, was sie erfunden, ein Problem gelöst haben. Eine Tätigkeit, die mit ihren Idealen übereinkommt. Zum Beispiel als Tierschützer oder Anwalt in Umweltfragen, aber natürlich auch Lehrer_innen oder Pfleger_innen, um nur einige zu nennen. Ihnen macht die Arbeit Spaß, nicht selten verdienen sie jedoch viel zu wenig damit.
2. Diejenigen, welche (irgend-)einer Tätigkeit nachgehen, weil die Miete bezahlt, die Familie ernährt und der Ratenkredit für's Auto abgestottert werden muss, welches man nicht selten braucht, um der Arbeit überhaupt nachgehen zu können (Henne/Ei?). Diese Gruppe ist meist nicht als das tätig, was sie gerne machen würden. Der o.g. Anwalt, der eigentlich viel lieber Umweltinteressen vertreten würde, arbeitet hier z.B. für einen Mineralölkonzern (weil dieser sehr viel mehr zahlt, als die Umweltorganisation) oder die Frau, die viel lieber Modedesign studiert und ihre eigenen Kreationen entworfen hätte, sitzt im Supermarkt an der Kassse (weil z.B. die Kunsthochschule meinte, sie wäre nicht gut genug). Meistens reicht das Geld vorne und hinten nicht und/oder man ist selten (kreativ) ausgelastet/gefordert. Man hinkt sozusagen seinen eigenen Anforderungen/Prinzipien hinterher. Man macht es nicht "von Herzen". Es ist stupider Broterwerb, Tag für Tag für Tag für Tag...
3. Dann gibt es (mutmaße ich einfach mal) eine (vermutlich sehr kleine) Schnittmenge der beiden zuvor genannten Gruppen: Also die Leute, die in ihrem Beruf Erfüllung gefunden haben und davon auch gut leben können, beispielsweise hat es mit der problemlösenden Erfindung geklappt und sie verkauft sich blendend - die Glücklichen!
Jetzt können wir das einfach mal sacken lassen und jede/r überlegt, in welcher Kategorie man selbst drinsteckt. Sicher gäbe es noch die ein oder andere Nuance dazwischen, speziell diejenigen, welche als Beruf "Tochter" bzw. "Sohn" angeben können, aber lasst es uns hier einfach mal übersichtlich halten. Grundsätzlich leben wir nicht um zu arbeiten, sondern wir arbeiten um zu leben. Wir wollen/müssen unser Dach über dem Kopf bezahlen (sofern wir es nicht geerbt haben), dafür sorgen, dass der Kühlschrank gefüllt ist (insofern Papa/Mama/die Haushälterin/der Lieferservice einem das nicht abnimmt), mit allen "Nebenschauplätzen" wie Strom, Wasser, Telefon, Versicherungen, das ganze Programm halt, was der zivilisierte Mensch meint zu brauchen oder meint sich dagegen absichern zu müssen. Doch:
Zurück zu unserer Protagonistin aus dem besagten Artikel. Es war nicht nur ihr Kind, das den Kürzeren zog, während sie reisen und lange arbeiten musste. Ihre körperliche sowie geistige Gesundheit nahm zusehends ab, als sie versuchte, die nicht enden wollenden Anforderungen von Arbeit, Kindererziehung und Pflege zu bewältigen. Sie konnte irgendwann nicht mehr mithalten und in logischer Konsequenz kündigte sie. Ihr Vorgesetzter war schockiert und forderte sie auf, ein Gehalt zu nennen, damit sie weitermache. Sie antwortete: „Ich gehe, um mein Berufs- und Privatleben besser zu vereinbaren, und das ist etwas, was Sie nicht bieten können. Kein noch so hohes Gehalt kann mich zum Bleiben bewegen.“. Respekt! Nicht viele haben diese Selbstreflexion und dann auch die "Chuzpe", es durchzuziehen. Chapeau!
Zunächst war dies einer der Momente im Leben, in denen sie sich am entschlossensten gefühlt hatte, obwohl sie einen Schritt zurück trat und die Finanzen knapp(er) wurden. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie sich im neuen Job als Einzelkämpferin, die keine Teammitglieder zu führen hatte, langweilte. Sie erwog sogar, zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückzukehren, um mehr von dem Feuer zu entfachen, das sie gewohnt war. Wenn man an das (strukturierte) Chaos, den Stress gewöhnt ist, kann sich ein langsameres, bedächtigeres Tempo für viele quälend anfühlen.
Nach ein paar Monaten und der Unterstützung von Freunden ging sie aber sogar in Teilzeit, wodurch sich das Gehalt praktisch halbierte. Grund war, noch mehr für den heranwachsenden Sohn da zu sein, der nun in die Grundschule ging, und für ihre Mutter, bei der Krebs diagnostiziert worden war. Bei ihrem letzten Arbeitgeber arbeitete sie schlussendlich zehn Jahre lang, wurde mehrfach befördert und schließlich zur Direktorin ernannt, welche direkt dem Vorstandsvorsitzenden unterstellt war. Es dauerte nicht lange, bis sie ihr ursprüngliches Gehalt übertraf und was noch besser ist: Während dieser Zeit wurde sie mit einer fantastischen Führung, minimalen Reiseanforderungen, einem flexiblen Zeitplan, reichlich bezahlter Freizeit und der Möglichkeit, die Familie an erste Stelle zu setzen, gesegnet. Das war auch gut so, denn der Sohn wurde älter, und sie verlor innerhalb von fünf Jahren beide Elternteile. Sie wurde in dieser Zeit vom Arbeitgeber unterstützt und bekam sogar von den Kollegen_innen gespendete Urlaubstage geschenkt. Sie konnte damit die Eltern zu Arztterminen fahren, sie bei ihren häufigen Krankenhausaufenthalten begleiten und sie in den letzten Tagen ihres Lebens im Hospiz betreuen. "Kategorie 3" - Glückwunsch!
Nochmal: Wir leben nicht, um zu arbeiten, sondern wir arbeiten, um zu leben. Denn: Das Leben geht ziemlich schnell vorbei. Wenn du nicht ab und zu mal anhälst und dich umschaust, könntest du es verpassen!
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Quelle: Redbubble |
Was ist denn die Reputation im Job wert, wenn man dafür bis in die späten Abendstunden im Büro hocken muss und das eigene Kind unter der Woche praktisch nur noch schlafend sieht? Was ist eine üppige Lohnabrechnung, wenn die Zeit für Freunde oder den/die Partner_in fehlt, mit denen man es für schöne, gemeinsame Momente ausgeben könnte? Nochmal: Am Ende des Lebens fragt dich niemand, wie viel du gearbeitest, welche Autos du gefahren oder welche Klamotten du getragen hast!
Diese unsere Gesellschaft hat, meines Erachtens, zwei grundsätzliche Probleme: Erstens gibt es eine gewaltige Kluft zwischen den Löhnen und Gehältern. Ich meine damit, dass beispielsweise ein Vorstandschef eines großen börsennotierten Unternehmens eine Summe pro Jahr erhält, die eine Arbeiterin in dem gleichen Unternehmen sicherlich in zwei Leben nicht erwirtschaften könnte. Ich rede davon, dass ein Profi-Fußballspieler Millionen pro Monat bekommt und bei seiner Ablöse 100 Mio. und mehr zwischen den Vereinen fließen, während eine Pflegekraft für ihre 50h-Woche mit 2.500 Euro im Monat auskommen muss. Darüber hinaus ist der Verdienst hierzulande immer noch ein Tabu-Thema. Nach dem Gehalt gefragt wird kaum jemand bereitwillig (und ehrlich) Auskunft geben. Wenn (wider Erwarten) doch, dann ist das aber auch wieder sehr schnell eine Diskussion im Bereich "Schwanzvergleich".
Andere Länder sind dort sehr viel entspannter. Der größte Unterschied zwischen dem schwedischen und dem deutschen Finanzamt ist die totale Transparenz: "Skatteverket", das schwedische Finanzamt, weiß nicht nur alles. Es sagt auch fast alles weiter. Jeder kann jede beliebige Information über jedermann bei "Skatteverket" abfragen. Anruf genügt. Da gibt es zum Beispiel die Steuerauskunft, ein kostenlos nutzbarer Service des Amtes, der präzise Auskünfte gibt über sämtliche steuerpflichtigen Einkünfte der Bürger (mit einer Ausnahme: Das Vermögen des Königs). Millionenfach wird der beliebte Dienst jährlich genutzt - nicht nur von Unternehmen, die eine Kreditauskunft wünschen, sondern auch von Privatpersonen, einfach so. Jahr für Jahr produziert "Aftonbladet", Schwedens auflagenstärkste und lauteste Zeitung, mindestens zwanzig Coverstorys zum Thema Einkommen, sie gehören mit Abstand zu den auflagenstärksten. "Neue Listen: Ehepaare, die am meisten verdienen - in deiner Nachbarschaft! Namen! Alter! Einkommen!" - über die Seiten 30, 32, 34 und 36 zogen sich dreispaltige Listen besserverdienender Ehepaare aus dem Großraum Stockholm.
Unvorstellbar bei uns. Hier in Deutschland würden wir nicht sagen, "toll, endlich mehr Transparenz" kein Gender-Pay-Gap mehr - nein, wir würden sagen "Das geht nicht mit dem Datenschutz!" oder "Da kann ich den Einbrechern auch direkt den Schlüssel unter die Fußmatte legen!". Genauso wie wir auch nicht zur tollen, neuen, vollverglasten Dusche des Nachbarn sagen "Wow, die sieht aber toll aus!" - nein, wir Deutsche sagen "Na, die möchte ICH nicht putzen!".
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Typisch Deutsch - Foto: NDR2 |
Da sind wir dann auch schon sehr schnell beim zweiten grundsätzlichen Problem: Der soziale Aspekt. Wir glauben immer noch viel zu oft, dass der eine Beruf "besser" ist als der andere - plakatives Beispiel: Reinigungskraft oder Pilot_in? Entsorger_in oder Arzt/Ärztin? Sicher ist der Job im Flugzeug anspruchsvoll und die "Halbgötter in Weiß" sorgen für unsere Gesundheit und heilen uns von allerlei Zipperlein. Doch bei wem schon mal die Müllabfuhr für einige Wochen gestreikt hat, der weiß, dass dieser Job ebenso wichtig ist. Oder schon mal versucht, sich selbst die Haare zu schneiden? Das endete meist darin, dass man verzweifelt zum/zur Friseur_in seines Vertrauens gerannt ist, um zu retten, was zu retten ist und der-/diejenige gibt dann sein/ihr Bestes - nicht selten für knapp über dem Mindestlohn. Wir müssen jede/n, die/der ihr/sein Tagwerk halbwegs vernünftig macht, stets mit Respekt und Anerkennung begegnen.
Und ganz am Rande: Verständnis zeigen. Für uns ist es nachmittags vielleicht der erste Plausch über das Wetter. Für den-/diejenige, der/die mit Kamm und Schere um unseren Kopf fliegt aber vielleicht bereits der zehnte, fünfzehnte dieser Art? Die Kassiererin hat garantiert den Spruch "Hier fehlt das Preisschild - ist das dann umsonst!?" noch NIE gehört! Nein, man kann dem/der Handwerker_in nicht helfen, erst recht nicht mit ständigem "über die Schulter"-gucken. Und der Kundenbetreuer in der Autowerkstatt findet die Antwort auf die Frage "Was für ein Auto fahren sie?" -"Ein gelbes! Hi-Hi" nur bedingt lustig.
Gegenvorschlag: Wir sollten Menschen viel häufiger Komplimente aussprechen. Das werden sie nämlich im Alltag (leider) viel zu selten zu hören bekommen. Sagen Sie doch mal der Dame am Postschalter "Ich wünschte, ich hätte ihr Haar!" oder dem Herren im gleichen Zugteil "Die Jacke steht ihnen sehr gut!". Der Kassiererin im Supermarkt "Sie machen Ihren Job wirklich ganz toll!". Selbstverständlich nur, wenn es wirklich ehrlich gemeint ist und auch nicht "hintenrum negativ" ("Ich könnte das ja nicht!"). Ganz wichtig: Das ist keine Anbaggerei! Also bitte auf ein nachgeschobenes "Wollen wir einen Kaffee trinken?" o.ä. verzichten. Einfach ein Kompliment machen, Danke, Bitte, fertig. Bestenfalls mit der Erläuterung, dass wir heutzutage viel zu viel kritisieren, aber zu wenig Komplimente und Lob aussprechen. Lasst uns mehr Leute im Alltag glücklicher machen!
Zurück zur Arbeit: Was tun wir denn nun, wenn wir mit dem "status quo" unzufrieden sind? Wenn wir zu wenig verdienen, wenn uns der Job nicht ausfüllt, ja im Gegenteil sogar ausbrennt? Letzteres hat in der Vergangenheit massiv zugenommen. Die Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund von Burn-out-Erkrankungen in Deutschland haben sich in den Jahren 2004 bis 2022 mehr als verzehnfacht. Meines Erachtens liegt dies (auch) mit daran, dass die Fälle nicht zwingend mehr geworden, sondern lediglich aus der Dunkelziffer herausgeholt, das Thema mit der Zeit immer mehr enttabuisiert wurde. Wer früher zum Psychologen gegangen ist, dem wurde nicht selten nachgesagt, er hätte "einen an der Klatsche". Erst seit vergleichsweise kurzer Zeit ist das Bewusstsein gewachsen, dass viele schlicht mit den Anforderungen des modernen Dreikampfs (Arbeit, Haushalt, Familie) überfordert sind.
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Bild: Pixabay |
Verwunderlich ist das nur bedingt. Nehmen wir unsere Eltern als Vergleich. Normal reichte es hier, wenn Vatter der Arbeit nachging und Mutter sich um Haus und Familie kümmerte. Ja, das ist sehr klischeehaft aufgeteilt, aber seien wir ehrlich: In der Generation Baby-Bommer oder früher war es meist genau so. Heute möchten insbesondere die Frauen ein selbstbestimmteres Leben führen, weniger vom Mann "abhängig" sein und das ist vollkommen okay. Auch ein Grund dafür, warum früher normalerweise in den Zwanzigern der Lebensjahre über Familienplanung nachgedacht wurde, heute eher in den Dreißigern. Ein Eigenheim - für die, die es überhaupt noch irgendwie finanzieren können - ist dann zumeist auch mit zehn Jahren Verzögerung ein Thema. Und nicht selten teilt man sich dann heute gerne die Elternzeit, aber spätestens wenn der Sprößling in den Kindergarten kommt, geht es meistens für beide (Vollzeit) wieder zurück in den Job. Anders wäre heutzutage auch kaum ein gemeinsames Dach über dem Kopf bezahlbar. Wenn nicht beide am Monatsende ein entsprechendes Salär nach Hause bringen, wird es mit der Lebensführung oftmals eng. Dann heißt es z.B. (wenn Urlaub überhaupt umsetzbar) schnell lediglich "Zeltplatz" statt "Zypern".
Heiß diskutiert wird aktuell bzw. seit geraumer Zeit die 4-Tage-Woche. Vielerorten wird sie, teils erfolgreich, erprobt. Entweder gibt es die Variante, dass die bestehende Wochenarbeitszeit auf nur noch vier Tage verteilt wird, man also vier Tage jeweils rund zwei Stunden länger arbeitet oder aber gleiches Gehalt für weniger Stunden. Nicht wenige berichten, dass man aufgrund des zusätzlichen freien Tages einfach besser den Kopf frei hat, weil man z.B. Arzttermine, Elternsprechtage, Einkauf, Waschtag u.ä. auf den (zusätzlichen) freien Tag verlegen kann. Das schafft u.a. mehr Zeit für Freunde und Familie am Wochenende und man ist in den verbleibenen vier Tagen einfach viel produktiver, obwohl es dieselben (meist) acht Stunden Arbeitszeit sind. Das belegen sogar Studien und Modellprojekte. Die Beschäftigtenbefragungen der IG Metall beispielsweise hätten ergeben, dass bei einer Vier-Tage-Woche mit 32 Stunden mehr Frauen bereit wären, in Vollzeit zurückzukehren, weil das Modell auch mit Familie gut funktioniere.
Arbeitgeber sind hier allerdings zwiegespalten. Die einen berichten mit Erfolg und sprechen von einem echten Wettbewerbsvorteil in Zeiten des Fachkräftemangels. Die anderen sagen, dass es nicht praktikabel ist. Wie soll in weniger Zeit genauso viel bzw. in unserer nach Aufschwung strebenden Welt idealerweise immer mehr erwirtschaftet werden, bzw. wenn alle dieses Zeitmodell umsetzen würden, es kein Vorteil für den Einzelnen mehr sei. Es würde eine Spirale in Gang gesetzt, dass man irgendwann vielleicht nur noch über drei Tage diskutiert, usw.. Auch sind viele gedanklich sehr schnell bei Bürgergeld bzw. dem "bedingungslosen Grundeinkommen", wo sich viele "in der sozialen Hängematte ausruhen" würden, während nur ein Teil (für sie mit-)schuftet. Leider gibt es speziell hierzulande wieder mal mehr die Zweifler und Neider, als Visonäre und Macher.
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Quelle: Netzfundstück |
Es gibt noch weitere, diverse "Trends", welche die Arbeitswelt in Zukunft verändern können/werden, das würde hier aber zu weit führen. Letzlich wird eben diese Zukunft (und nur diese) zeigen, was sich etabliert. Vor der Pandemie waren die Zweifel gegenüber dem Home-Office immens groß - zu Unrecht wie sich herausstellte.
Zwischendrin ein kleines (nicht ganz ernst gemeintes) Bildnis: Gott erschuf den Hund und sprach zu ihm: "Du bist ein Hund. Du wirst das Haus der Menschen bewachen, deren ergebenster Freund Du sein wirst, Fremde anbellen und wirst 20 Jahre leben." Der Hund antwortete: "Gott, 20 Jahre zu bellen, ist zu viel! Bitte gib mir nur 10 Jahre und ich gebe dir 10 zurück.". Gott stimmte zu und so geschah es.
Dann erschuf Gott den Affen und sprach: "Du bist ein Affe. Du sollst Dich von Baum zu Baum schwingen und herumblödeln und die Menschen amüsieren. So sollst du für 20 Jahre leben." Der Affe sprach: "Gott, 20 Jahre als Clown der Welt zu leben, ist zu viel. Bitte gib mir 10 Jahre, wie dem Hund und ich gebe Dir die anderen 10 zurück." Gott stimmte zu und so geschah es.
Gott erschuf den Esel und sagte zu ihm: "Du bist ein Esel. Du wirst unentwegt von morgens bis abends arbeiten und schwere Sachen auf Deinem Rücken tragen. So wirst Du 60 Jahre leben." Darauf entgegnete der Esel: "60 Jahre so zu leben ist viel zu viel. Gib mir bitte nicht mehr als 20 Jahre und ich gebe Dir die anderen 40 zurück." Gott stimmte zu und so geschah es.
Schließlich erschuf Gott den Menschen und sprach zu ihm: "Du bist ein Mensch, das einzig rationale Lebewesen, das die Erde bewohnen wird. Du wirst Deine Intelligenz nutzen, um Dir die anderen Geschöpfe Untertan zu machen. Du wirst die Erde beherrschen und für 20 Jahre essen, schlafen, heiraten, eine großartige Zeit haben." Entsetzt sprach der Mensch: "Gott, Mensch zu sein für nur 20 Jahre ist nicht genug! Bitte gib mir die 40 Jahre, auf die der Esel verzichtete, die 10 Jahre des Hundes und die 10 Jahre des Affen dazu!". Gott stimmte zu und so geschah es…
Und so sorgte Gott dafür, dass der Mensch die ersten 20 Jahre als Mensch lebt, isst, schläft und das Leben genießt. Danach 40 Jahre als dummer Esel von morgens bis abends arbeitet und schwere Lasten trägt. Dann lebt er 10 Jahre als Affe, verhält sich wie ein Idiot und amüsiert so seine Enkelkinder. Im hohen Alter wird er 10 Jahre wie ein Hund leben, das Haus bewachen und andere Leute anpöbeln. So ist das Leben.
Abschließen möchte ich jedoch mit einem Bildnis, das speziell allen zumindest ein klein wenig weiterhelfen möge, die sich in einer der beiden o.g. Gruppen 1 bzw. 2 wiederfinden:
Wichtig, wie immer im Leben: Praktisch nichts ist per se gut oder schlecht und auch nicht jeder Ratschlag ist für alle Menschen gleichermaßen geeignet – NICHTS ist für alle Menschen gleichermaßen geeignet.
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