Als Kind gab es diverse Zeiten im Jahr, da freute man sich wochenlang drauf... Weihnachten, Klassiker. Auf den Geburtstag meistens auch. Und natürlich: Beginn der Sommerferien. Sechs Wochen keine Schule, tagaus tagein nur machen, wozu man Lust hat. Mit den Freunden treffen, ins Freibad gehen, Radtouren, Grillen am See, in den Urlaub fahren... hach. Jedes Jahr sagte man sich auf's Neue: "Das wird der Sommer meines Lebens!". Ähm, Moment mal... jeden Sommer? Naja, egal. Jedenfalls ist der Sommer DIE Jahreszeit. Und dieses Jahr fällt der erste offizielle Ferientag sogar noch auf das offizielle Ende der Spargelsaison (Johannitag), "Kirschen rot, Spargel tot" - das ist ja wie Weihnachten und Ostern zusammen! Egal ob als Kind oder Erwachsener. Keine andere Jahreszeit kann mit dem Sommer mithalten.
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Bild: Pixabay |
Herbst: Es wird merklich früher dunkel, die Tage kürzer. Wenn der Zufall es nicht will und es bei sieben Grad Nieselregen gibt, dann ist nichts mit "Indian Summer", wo sich das Laub der Bäume in tausend Farben in der warmen Herbstsonne spiegelt und die Hunde in riesigen Laubhaufen toben können, während man in seiner Burberry-Jacke in einem gemütlichen Landgasthof auf eine heiße Kürbissuppe einkehrt.
Winter: Entweder legen wir bei sieben Grad und Nieselregen Geschenkepäckchen unter den Baum oder es gibt so viel Schnee, dass keiner mehr weiß, wohin mit dem weißen Dreckszeug. Und nach all der Feierei mit Advent, Weihnachten und Silvester, fällst du ab Januar in ein dreimonatiges Nichts, bis endlich Ostern ist.
Frühling: Der Sommer für arme, wenn er denn kommt. Meist hast du noch Frost bis in den März, der April macht seinem Namen alle Ehre und damit was er will (bedeutet: Ostereiersuche bei sieben Grad und Nieselregen) und vielleicht wird es im Mai dann endlich auch mal zweistellig mit den Temperaturen (oder halt auch erst im Juni).
Nein, ich bleibe dabei: Von den Jahreszeiten kann dem Sommer niemand das Wasser reichen. Du kannst ALLES draußen machen. Wirklich alles. Im Ernst... Sommer 17 Uhr, Feierabend! Was machen wir? Eis essen, schwimmen gehen, grillen? Winter, 17 Uhr: Dunkel - ich leg mich hin. Unangefochten Platz eins! Auch musikalisch wird er zigfach besungen, aber es gibt nur wenige Lieder über die anderen Jahreszeiten. Und die Kirsche auf der Sahne: Sommerferien. Warum ich als Nicht-mehr-Schüler bzw. Berufstätiger die Ferien so feiere? Ganz einfach:
- Morgens nicht mehr acht Mal die Kinder wecken, weil sie nicht aus den Strümpfen kommen und abends nicht mehr fünf Mal ermahnen, dass es nun langsam Zeit ist ins Bett zu gehen.
- Keine Zubereitung der Brotdosen, welche nachmittags halb unaufgegessen und halb voller Müll wieder nach Hause gebracht werden.
- Punkt 1 und 2 zusammen: Eine halbe Stunde länger schlafen.
- Ganz wichtig: Ferien sind sitzungsfreie Zeit: Keine Ausschüsse, keine Ratssitzungen, kein Politikzirkus.
- Und natürlich ist auch bald Urlaubszeit: Irgendwann hat man dann auch mal drei Wochen Auszeit von der Arbeit.
Meist geht es die ersten oder die letzten drei Ferienwochen in den Urlaub. Gut, das ist natürlich auch nochmal etwas Arbeit/Vorbereitung...
- Im Vorfeld Suchen, Finden und Entscheiden/Buchen der Unterkunft/bzw. Unterkünfte inkl. evtl. Zwischenübernachtung(en)
- Beim Italien-Urlaub: Bestellen der Schweiz-Vignette, Urlaubs-Check des Autos
- Wer passt auf's Haus auf, gießt die Blumen, holt die Post aus dem Briefkasten?
- Gepäckplanung: Was muss mit ("Welchen der mittlerweile fünf Sonnenschirme nimmt man mit auf die Reise?")? Was müssen wir noch anschaffen ("Diese Roll-Liege war verdammt praktisch - brauchen wir nicht vielleicht eine zweite/größere?")? Reicht die Dachbox dieses Jahr aus?
- Wenn es nicht Hotel mit Vollverpflegung gibt: Essensplanung am Ferienort
- Ähm...
Und wenn du (gut erholt) wieder nach Haus kommst und feststellst, dass alle 2/3 ihres Koffers nicht gebraucht haben und jeder genauso gut mit einer Aldi-Tüte voll Zeug hätte wegfahren können, geht die große Sortiererei los: Was war nochmal Dreckwäsche? Ist die nicht angezogene Kleidung jetzt mit "kontaminiert" und muss ebenso durchgewaschen werden? Warum ist die Hälfte der Gartenpflanzen vertrocknet während alle Zimmerpflanzen wegen Staunässe jammern? Warum bekommt man in drei Wochen Urlaub gefühlt ebensoviel physische Post wie im Rest des Jahres? Wann wird dieses unsägliche Brauchtum, anderen Menschen auf die Nase zu binden, wie toll es im eigenen Urlaub ist, endlich aufhören? Überhaupt: Warum gibt es keine Urlaubsbriefe und nur -postkarten? Kein Mensch schreibt sonst noch Postkarten, außer aus dem Urlaub. Postkarten sind eh nur dafür geeignet, den tristen Berufsalltag der Mitarbeiter_innen der Deutschen Post ein wenig aufzumuntern. Also zurück zur Frage: Warum schreibt NIEMAND aus dem Urlaub Briefe? Weil "Hotel super - Wetter toll" einfach reichen muss! Man ist im Urlaub und nicht auf einer Lyrik-Reise, Herrgott! Und weil eben auf diesen zehn Quadratzentimetern eines Stück Kartons, der auf der Vorderseite schwarz bedruckt ist und darauf super-originell "(Urlaubsort) bei Nacht" steht, kein besonders großer Platz für lyrische Ergüsse ist und daher immer dasselbe geschrieben wird, könnte man es sich ebensogut sparen.
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Stempel mit vorgefertigtem und individualisierbarem Urlaubstext - sehr originell - Quelle: Amazon. |
Wo war ich? Ach ja: Sommerferien, herrlichste Zeit des Jahres. Ein großer Dichter hat einmal gesagt: Sommerferien - das bedeutet Ruhe, Freizeit und Erholung für viele Menschen... alle anderen fahren in Urlaub. Aber ist zu Hause bleiben eine Option? Ganz klar: Nein! Zu Hause hat dich der Alltag fest im Griff. Du legst zu Hause nicht die Beine hoch. Selbst wenn du dich auf die Sonnenliege im Garten packst, wird dein Blick unweigerlich auf das eine Unkraut dort drüben fallen und ratzfatz findest du dich in der Komplett-Umgestaltung deines Gartens wieder. Du fängst irgendwann an, diese eine Wand zu streichen, oder das eine Regal endlich auszumisten, für das du nie Zeit hattest. Du beginnst Kleiderschränke der Kinder auszusortieren, weil dein 14jähriger Sohn immer noch T-Shirts in Größe 156 im Schrank liegen hat. Du wäscht (endlich mal) das Auto, entkalkst die Kaffeemaschine, kärcherst den Vorhof, unterziehst die Geschirrspüle oder auch den Backofen einer Grundreinigung und zack sind drei Wochen auch wieder rum. Für all sowas bleibt im Alltag ja nie Zeit. Und deshalb macht man es im Urlaub? Na toll! Nein, du MUSST im Urlaub den Tapetenwechsel vollziehen. In der Ferienwohnung ist dir der Kalk im Wasserkocher schnuppe, der Löwenzahn in der Hotelanlage egal.
Du fährst also weg, erholst dich, hast ein paar schöne Tage/Wochen, kommst zurück und sortierst dich erst einmal neu. Checkst deine 257 (privaten) E-Mails, wovon 80% irgendwelche Newsletter sind (die du schon längst abbestellen wolltest) und auf der Arbeit deine 497 dienstlichen Mails, wovon du bei der Hälfte drei Tage fragen musst, ob sich irgendjemand in deiner Abwesenheit vielleicht schon drum gekümmert hat. Die Kinder teilen dir zwei Tage vor Schul-Wiederbeginn mit "Ach übrigens, ich brauche Montag noch 32,87 Euro in bar, passend, einen Schnellhefter in altrosa, KEIN PINK, für Deutsch noch das Buch XY und neue Sportschuhe - die alten habe ich vor den Ferien verloren!". Und das obwohl du die Woche zuvor, die eine Woche davor bestellten Schulbücher, alle in nagelneue Schutzumschläge hast packen lassen, alle Schnellhefter in den Farben des Regenbogens (außer altrosa) gekauft und den Inhalt der Federmappe praktisch einer Neuanschaffung unterzogen hast. Hättest du praktisch den Ranzen am letzten Schultag auch einfach abfackeln können und alles komplett neu kaufen!
Ähm... ähm... ähm... JA NEE, SOMMERFERIEN! SCHEISS DIE WAND AN, WATT FREUE ICH MICH DRAUF!
Aber die sitzungsfreie Zeit kann mir keiner nehmen - roundabout über 30 Stunden geschenkte Lebenszeit. Immerhin. Vielleicht streiche ich meine Terrasse, außer es sind sieben Grad und Nieselregen.
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Ja, DAS wäre mal was! |
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