Volkswagen. Einst Inbegriff von deutscher Wertarbeit - Qualität, auf die man sich verlassen konnte. Unvergessen, seinerzeit der Werbespot mit Rudi Carrell oder die legendäre "Er läuft und läuft und läuft..."-Werbung Ende der 1960er. Ja, das waren noch (goldene) Zeiten, da wurde man seinem Namen gerecht: Wagen für das (normale) Volk. Autos, mit vernünftiger Qualität, zu einem Preis, den sich viele leisten konnten. Das war der Ursprung des Markennamens und die Grund-Idee der Nationalsozialisten 1937 zum Bau eines „Volksautos“, das erstmals einer breiten Bevölkerung ein bezahlbares Auto ermöglichen und damit die Massenmotorisierung in Deutschland einleiten sollte. Bis dahin waren Automobile durch einen hohen Preis überwiegend in der Oberschicht vorzufinden.
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Der Lack ist ab - Bild: KI-generiert |
Gute Qualität zum erschwinglichen Preis - das war einmal. Unvergessen auch: Der Diesel- oder auch Abgas-Skandal. Am 18. September 2015 wurde öffentlich bekanntgemacht, dass die Volkswagen AG eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge verwendete; die US-amerikanischen Abgasnormen wurden nur in einem speziellen Prüfstandsmodus erreicht, im Normalbetrieb wird dagegen ein Großteil der Abgasreinigungsanlage weitgehend abgeschaltet. VW hatte zuvor, zur Förderung des Verkaufs und Erhöhung des Marktanteils von dieselbetriebenen Autos in den USA, gerade diese Fahrzeuggeneration in großen Werbekampagnen als besonders saubere „Clean-Diesel“ beworben. Verschiedene Autohersteller, aber wohl allen voran Volkswagen tricksten so bei den Abgaswerten.
2018 kam übrigens auch ans Licht, dass man bereits 2014 in den USA Affen Abgase einatmen ließ: Zehn Affen wurden in eine Kammer gesperrt. Aus einer Öffnung bekamen sie Abgasluft von einem VW Beetle zugeführt. Zur Beruhigung durften sie Cartoons anschauen. Dieses Experiment sollte zeigen, dass die Weltgesundheitsorganisation irrt, die ein Jahr zuvor erklärte hatte, Dieselabgase seien krebserregend. Naja... es sollte landläufig bekannt sein, dass bei JEDER Verbrennung schädliche "Reste" entstehen - einatmen ist nicht zwingend gesundheitsfördernd.
Und nun? Nun wurde bekannt, dass VW sparen muss. Warum? Das Autogeschäft läuft (im Gegensatz zum Käfer von damals) nicht mehr so gut... naja, eigentlich gar nicht mehr: Das Barometer für die Geschäftserwartungen sackte auf minus 40,5 Punkte ab (im Juli noch bei minus 29,5 Punkten). Lange Entwicklungszeiten, eine starre und unflexible Bürokratie drücken die Produktionskosten nach oben. Dafür können die Angestellten nichts, das sind Aufgaben, die das Management zu verantworten hat. Dabei hatte man nach dem Diesel-Skandal aus dem Jahr 2015 die Chance, den Konzern komplett neu aufzustellen. Sowohl in der Produktion als auch im Management. Das ist nicht gelungen, die verkrusteten Strukturen innerhalb des Unternehmens sind geblieben.VW-Konzernchef Blume nennt die Lage alarmierend, eine Lage, die es so zuvor nie gegeben hat und kündigt weitere Sparmaßnahmen an: Um Lohnkürzungen, Entlassungen oder gar Werksschließungen werde man nicht mehr herumkommen (zum ersten Mal in der Konzerngeschichte). Das Audi-Werk in Brüssel ist von Schließung bedroht. Die Mitarbeiter sind deshalb aufgebracht - und haben dies mit einem ungewöhnlichen Protest zum Ausdruck gebracht: 200 Fahrzeugschlüssel wurden laut der Nachrichtenagentur dpa entwendet. So sollen die Fahrzeuge das Werk nicht verlassen können. Der größte Autobauer Europas, Nummer zwei weltweit (hinter Toyota) der im Geschäftsjahr 2023 sage und schreibe 4,5 Milliarden Euro an seine Aktionäre ausgeschüttet hat, behauptet nun, er könne 5 Milliarden Euro nicht auftreiben, um Werksschließungen und Entlassungen zu verhindern. Wow! Es ist wie immer: Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert.
780.000 Menschen beschäftigt die deutsche Autoindustrie - 120.000 allein bei VW, viele bei Zulieferern wie Bosch, Continental und ZF (bei letzterem stehen ebenfalls bis zu 14.000 Stellen auf der Kippe). Die Stimmung in der Autoindustrie ist im Sturzflug. Die Unternehmen der deutschen Autoindustrie leiden unter einem Mangel an neuen Aufträgen. Der "Zwang zum Elektroauto" sei ursächlich für die Misere, polterte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. Und weiter: Die Verantwortung für den Zustand der deutschen Industrie trage „vor allem die Bundesregierung, nicht nur die Weltkonjunktur.“. Erneut: Wow! Erneut einmal wieder keinen Funken Selbstkritik, angesichts 16jähriger Vorgänger-Regierung unter einer CDU-Kanzlerin.
Die mangelnde Nachfrage an E-Autos ist in der Tat ein wenig hausgemacht, denn die Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen – der sogenannte Umweltbonus – ist Ende 2023 ausgelaufen bzw. wurde nicht verlängert. Volkswagen schoss sich vor fünf Jahren auf eine neue Konzernstrategie ein. Mit der Strategie TRANSFORM 2025+ hat sich das Unternehmen vollkommen neu ausgerichtet. Man habe die Modellpalette von Grund auf erneuert. Volkswagen hat sich klar zum E-Antrieb bekannt. Man sei "auf dem Weg zu CO₂-neutraler Mobilität für alle!". An und für sich müsste die Elektromobilität auch günstiger sein: Ein Verbrennungsmotor besteht aus mehr als 1.200 Teilen, die montiert werden müssen. Bei einem Elektroauto sind es nur noch grob 200. Problem: Die Batterie und ihre sündhaft teuren Rohstoffe. Vielleicht mit ein Grund, warum man auch bei Volvo vom Ziel, ab 2030 nur noch elektrisch angetriebene Vehikel anzubieten, jüngst abgerückt ist.
Übrigens wurde sich bei VW auch leise, still und heimlich von der großen CNG-Offensive verabschiedet, welche der Konzern erst 2018 ausgerufen hatte: "Erdgas hat im Automobilbereich eine langfristige Perspektive und darf nicht als Zwischenlösung gesehen werden", sagte Stephen Neumann, der damalige Konzernbeauftragte für CNG-Technologie. Die CNG-Technologie galt noch vor wenigen Jahren als die Chance für nachhaltige Mobilität: "Wir müssen die CO2-Emissionen in den Städten senken. Alleine mit E-Autos geht das nicht." hieß es noch vollmundig. (Erd-)Gasautos wurden als probates Mittel gesehen, da sie gut ein Drittel weniger CO2 ausstoßen als Benziner, betankt mit Bio-CNG fahren sie sogar praktisch CO2-neutral. Feinstaub fällt gar nicht an. Klingt alles super? Tja, ist es auch. Klammheimlich sind dann jedoch die letzten Erdgasautos vom Markt verschwunden - bei nahezu allen Herstellern. Erdgas (CNG) war stets ein Nischenmarkt - gerade einmal 80.000 Fahrzeuge zählte das Kraftfahrtbundesamt zuletzt (in Spitzenzeiten gerade mal 100.000 - bei rund 49 Mio. PKW insgesamt). 2018 besiegelte der seinerzeitige Konzernchef Herbert Diess mit seinem "Elektro-only" das Sterben auf Raten der sauberen Gasmodelle. Folge: Von ehemals über 1.000 Tankstellen sind auch nur noch knapp 800 übrig, Tendenz fallend. Jüngst hat Shell angekündigt, CNG an seinen Stationen auslaufen zu lassen.
Problem: Auf den gut 50 Prozent höheren Energiegehalt von CNG gegenüber Benzin oder auch Diesel wird an der Zapfsäule meist nicht hingewiesen. Außerdem unterscheiden sich die Gaspreise je nach Region enorm: Zahlt man in Hannover 1,78€/kg Erdgas, sind es im 20km entfernten Lehrte gerade einmal 1,19€/kg. Kurzum: Der Vorteil von Erdgas ist für den Verbraucher nicht wirklich ersichtlich bzw. nicht leicht zu durchdringen. Dabei ist es einfach nachzurechnen: Ein 130 PS starker VW Golf 1.5 TSI verbraucht im Schnitt 7,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Macht bei einem Literpreis von 1,75 Euro rund 13 Euro an Spritkosten. Der gleich starke VW Golf 1.5 TGI mit Gasantrieb kommt mit rund 5,0 Kilo CNG aus. Kraftstoffkosten bei einem Preis von 1,20 Euro pro Kilo: 6 Euro. Beispiel aus der Praxis: Wir haben für unseren Italien-Urlaub (1.500km hin und 1.500km zurück) gerade einmal rund 250 Euro an Spritkosten, also für Erdgas bezahlt. 250 Euro für 3.000km! Das sind etwas über acht Euro pro 100km (voll beladen und oft >1,50€/kg).
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Die Grafik zeigt, wie weit man mit etwa 20 Euro fahren kann - Quelle: CNG-Club |
Und noch etwas: Die "Welt" hatte 2019 den heutigen Wirtschaftsminister Habeck und den damaligen VW-Chef Herbert Diess zum Doppelinterview geladen. Habeck kritisierte die Elektro-Strategie von VW – und prophezeite ein Scheitern: „Wenn Sie 2025 kein E-Mobil für unter 20.000 Euro anbieten, dann werden Sie – so fürchte ich – im Markt scheitern.“.
Und genau das ist der Punkt: Angebot und Nachfrage. Bietest du hauptsächlich nur noch Modelle für den großen Geldbeutel, dann bricht dein Absatz unweigerlich ein. Wie viele 50.000€-Gefährte wird sich der Durchschnittkäufer wohl vor die Tür stellen können? VW hat es grandios hinbekommen, sich nur noch auf eine Sparte einzuschießen: SUV mit genug Gewinnspanne. Klein- und Kleinstwagen waren seit jeher unlukrativ, da sie günstig waren und somit (nur) k(l)eine Gewinnspanne(n) boten. Ein "Up!" für rund 12.000 Euro hat eine andere Marge als ein Golf für mehr als das Doppelte oder der ein Passat für rund das Vierfache. Bei VW hieß es damals, der e-Up! sei eingestellt worden, weil man an jedem Exemplar bis zu 5.000 Euro draufgezahlt habe. Jedoch: Man muss sich auch vor Augen halten: Solch ein Auto entwickelt man ja nicht "mal eben schnell" - da stecken durchaus einige Jahre Entwicklung drin. Dennoch: Der VW Lupo wurde nur von 1998 bis 2005 produziert, damals als legendäres 3-Liter-Auto (eingestellt, da die geringe Nachfrage aufgrund der hohen Anschaffungskosten für die Hersteller unwirtschaftlich im Vergleich zu konventionellen Modellen war). Gerade einmal sieben Jahre! Sein Nachfolger der Fox hielt sich bis 2011 (also nur sechs Jahre) und wurde durch den Up! abgelöst, dessen Produktion 2023 eingestellt wurde (nach immerhin zwölf Jahren). Mittlerweile wird der Polo (seit 1975 in sechster Generation) als (einziger) Kleinwagen geführt - Einstiegspreis knapp 20.000 Euro. Der heutige Polo ist weit größer, als seinerzeit der erste Golf. Das SUV-Angebot hingegen: Taigo, T-Cross, ID.4, ID.5, T-Roc, Tiguan und Tiguan Allspace, Touareg - letzterer ab 71.000 Euro für die Basisversion. Zum Vergleich: Dafür bekommt man eine A- UND B-Klasse von Mercedes!
Im Bereich Kompaktklasse gibt es neben dem Golf noch den ID.3. Für die größere Familie gibt es entweder den Caddy, den Multivan oder den ID.Buzz. Der Caddy ist, nein war die eierlegende Wollmilchsau unter den Hochdachkombis. Der war für die Familie ebenso perfekt (als 5- oder 7-Sitzer), wie als Kastenwagen für das Gewerbe. Es gibt ihn ab 31.000 Euro. Will man jedoch keinen (reinen) Verbrenner fahren, sondern beispielsweise einen Plugin-Hybrid, mit dem man rund 100km elektrisch fahren kann und dann weiter mit Benzin/Diesel, dann kostet die Einstiegsvariante mehr als 50.000 Euro, mit ein paar Annehmlichkeiten sogar fix über 60.000, also fast doppelt so viel wie die Benziner-Basisversion und eine dritte Sitzreihe gibt es für das Modell auch nicht mehr. Da sind wir preistechnisch bereits in der Einstiegsklasse des rein elektrischen ID.Buzz. Ähnlich viel Geld kosten die beliebten "Bullis", konkreter: Der Multivan. Frage: Welche Familie, die eine Solaranlage auf dem Dach nebst Wallbox finanziert hat, kann sich on top ein Fahrzeug für rund 60.000 oder 70.000 Euro leisten? Selbst mit einer monatlichen Rate von roundabout 500 oder 600 Euro, bleiben nicht wirklich unempfindliche Anzahlungen und Schlussraten. Da muss man sich über schleppenden Absatz nicht beschweren. Kurzer Konkurrenz-Check zum VW Caddy? Den vollelektrischen (!) Kangoo bietet Renault für rund 40.000 Euro an, gleiches gilt für den Citroen Berlingo oder den Peugeot Rafter. Die Vollausstattung des (ebenfalls reinelektrischen) Opel Combo gibt es für unter 43.000 Euro, Mercedes mit seinem EQT spielt in der ähnlichen Liga. China droht mit seinen Elektromarken auch bereits VW den Rang abzulaufen.
Ich bin mein ganzes Leben lang VW gefahren, obwohl nicht ganz: Mein allererstes Fahrzeug war für ein halbes Jahr (dann Motorschaden) ein 13 Jahre alter Audi 80, dann viele Jahre ein Golf II, danach kurz ein Audi A3, dann ein VW Lupo. Es folgten der VW Beetle meiner Frau und seitdem fahren wir Caddy (bereits der dritte mit Erdgas) und (e-)Up!. Über die Firma durfte ich eine ganze Zeit lang (bedingt durch Dienstreisen) diverse Mietwagen anderer Marken fahren und man muss konstatieren: Andere Fahrzeughersteller haben auch schöne Modelle.
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