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(nur keine) PANIK, BITTE!!

Aktuell ist die Welt ja -um es galant auszudrücken - ein wenig am Durchdrehen... ein alter Mann mit Namensgleichheit einer Comic-Ente erlässt präsidiale Dekrete in einer Schlagzahl wie seine Sekr... lassen wir das. Sein Versprechen, den Ukraine-Krieg binnen 24 Stunden beenden zu können... nunja, 24 Stunden ab wann nochmal genau? Ich hatte den Eindruck, ab Beginn seiner (zweiten) Präsidentschaft. Naja, vielleicht in Jupiter-Stunden oder so, man weiß es nicht. Jedenfalls hat Europa sich einmal ungläubig geschüttelt, als es begriff, dass auf den großen Bruder Amerika im Fall eines Falles nicht zwingend Verlass ist.

Ich meine, hey... bereits vor rund einem Jahr sagte Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat South Carolina, der "Präsident eines großen Landes" habe ihn einmal gefragt, ob die USA sein Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es die Verteidigungsausgaben nicht zahle. Er hat geantwortet: "Nein, ich würde euch nicht beschützen." Vielmehr noch: Er würde Russland "sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen". Trump hatte kürzlich der Ukraine die Militärhilfe gestrichen, was in der EU als Annäherung an Russland und auch als möglicher Verlust des stärksten Nato-Verbündeten wahrgenommen wurde. Und nun (2025!) sagt sich Europa "Uijuijui, da müssen wir uns wohl mal selber kümmern, schnell mal alle zusammenrufen... Lilo, Tiffy, Herr von Bödefeld... Uijuijui!". Randfakt: Inzwischen sind die USA wieder mit der Ukraine in Verhandlungen, die Ukraine-Hilfen wurden fortgesetzt. Dann haben wir immer noch den reichsten Menschen der Welt, der mit nur einem Schalter den Ukrainern das Starlink abstellen und damit Russland die Ukraine auf dem Silbertablett präsentieren könnte.

Auf der anderen Seite der Erdkugel ist völlig ungewiss was die Zukunft bringt... kommt es zu einem Wafenstillstand zwischen der Ukraine und Russland? Gibt es vielleicht sogar bald eine friedliche Lösung des Konflikts? Und selbst wenn: Wird es dem Neo-Zaren Putin "reichen"? Wird er sich mitunter sagen, "Wenn ich nun schon Teile der Ukraine habe... diese Sulwaki-Lücke zu meiner Exklave Kaliningrad nervt mich echt massiv... da könnte ich doch Litauen... oder gleich Polen, ach und Belarus gleich mit, in einem Abwasch! Der Aljaksandr Lukaschenka freut sich wahrscheinlich sogar drüber.".

Dann haben wir nach wie vor die Eskalation im nahen Osten, vergessen wir bitte auch nicht die stetigen Spannungen zwischen China und Taiwan, sowie Nord- und Süd-Korea, allein auf dem afrikanischen Kontinent gibt es aktuell rund ein Dutzend Konflikte und, und, und...

Kurzum: Die Welt ist ein Pulverfass und hin und wieder schaut einer mit einem Streichholz in der Hand in den Tank, ob noch genug Benzin da ist. Selbst im eigenen Land, relativ weit weg, von all den besagten Krisenherden und (noch) in einer stabilen Demokratie lebend, fühlen sich scheinbar auch viele nicht mehr sicher. Wie ist es sonst zu erklären, dass ein Discounter in seinem Online-Shop jetzt schusssichere Westen und "PopUp" Panikräume anbietet?

Screenshot Norma-Onlineshop
 

Ja, ganz richtig. Beim vorrangig im südlichen Deutschland anzutreffenden Discounter Norma kann man sich vom heimischen PC aus einen Panikraum bestellen. Wolfgang Stütz aus der Norma-Geschäftsleitung sagt als Begründung: „Wir sehen, dass aufgrund der aktuellen politischen Weltlage das Interesse am Thema Sicherheit stark gestiegen ist. Das aktuelle Gebaren des amerikanischen Präsidenten Donald Trump und das von Elon Musk haben viele Kunden bewegt.“ 

Ein solcher „PopUp-Panikraum“ kostet bis zu 25.559 Euro (zzgl. 5,95 Euro Versandkosten) – hier muss man allerdings mit einer Lieferzeit von etwa einem Monat etwas länger warten. Dafür könnte man sich hier aber noch in der Zwischenzeit ein Etagenbett, ein Trocken-WC oder eine Atemschutzmaske dazu kaufen. Maße: 2,23 x 2,26 Meter.

Jetzt stell ich mir das ja nun gleich wieder in der Praxis vor... wenn ich also das Geld für einen kleinen Mittelklassewagen ausgebe, um mir einen rund 5m² großen Rückzugsort in den Keller zu flanschen, wie funktioniert das dann? Da wird ja sicher nicht der freundliche DHL-Bote mit einem etwas größeren Paket vor der Türe stehen. Eher eine Spedition mit einem großen LKW. Und dann? Liefern die wie üblich "frei Bordsteinkante"? Tragen Jutta und Horst dann einzeln die Panzerstahlelemente ins Eigenheim rein? Ist dann eine Aufbauanleitung á la IKEA dabei? Verbinden sie Muffe Q mit Öse 17 und dann alles mit dem Inbusschlüssel festziehen, mit dem man gerade noch das letzte KALLAX festgezogen hat? Sind die einzelnen Elemente so schwer, dass das Ding "von allein" steht und man es nicht mit fünf Leute umschubsen oder wie der große, böse Wolf umpusten kann? Oder muss Horst die Hilti aus dem Keller holen und Bodenverankerungen setzen? Ich weiß es ja nicht, ich bin auf meine Vorstellungskraft angewiesen! Vielleicht ist in dem Preis ja sogar ein Aufbauservice dabei, steht nur leider nicht auf der Webseite.

Gut, okay. Nehmen wir an Jutta und Horst haben das Ding aufgebaut bekommen. Und nehmen wir weiter an, es kommt der Tag der Tage, die Doomsday-Clock schlägt Zwölf! Es regnet Frösche, Feuer und Schwefel fallen vom Himmel hernieder, kochende Ozeane, Wände bluten, Hunde und Katzen leben zusammen, Nazis reiten auf Dinosauriern durch die Straßen. Jutta und Horst beschließen, sich einzuschließen. 

Screenshot: Drawn Together - Quelle: Comdey Central

Der "Pop-Up"-Panikraum bietet Sicherheit vor Beschuss "mit dem Kaliber 9mm bis zu 44er Magnum und ist stark einbruchshemmend" so die Webseite. Zwei Lufteingänge auf der Rückseite des Raumes sorgen für Sauerstoff - "Diese sind absichtlich auf der Rückseite des Raumes angebracht um so weit wie möglich vom Angreifer entfernt zu sein. Außerdem sind beide Lufteingänge mit einem Schutzblech verschweißt". Ähm ja... Rein theoretisch ist das Ganze ja wie früher im Mittelalter bei der Belagerung einer Burg - die Angreifer haben freien Zugang zu Ressourcen (inkl. Wasser, Nahrung), die Burg-Insassen müssen mit dem auskommen, was sich innerhalb ihrer Mauern befindet. Das Ganze ist lediglich eine Frage der Zeit. Wer hat den längeren Atem (wortwörtlich). Und mal ehrlich: Zwei Luftlöcher, die "zur Sicherheit" auf der Rückseite sind? Jutta und Horst haben das Ding also mit sagen wir fünf Zentimetern Abstand zur Trockenbauwand aufgestellt, damit dahinter "noch genug Luft zirkulieren kann". Ich persönlich würde die beiden mit einer Atemschutzmaske auf dem Brägen einfach ausräuchern. Was wollen die auf ihren zwei mal zwei Metern anrichten, die auch noch anteilig vom Trockenklo in Beschlag genommen werden und zwei Klappstühlen, weil Jutta nicht mehr so lange stehen kann. Und der Klappkiste mit Wasserflaschen und Ragout Fin in Dosen.

Mal davon ab, dass Jutta und Horst in Ihrer 5m²-Zuflucht aus Panzerstahl sicherlich keinen Handyempfang haben werden - wie rufen sie um Hilfe? Wie soll die Kavallerie benachrichtigt werden? Ich meine, ich habe bei uns im Büro schon keinen Handyempfang, weil das Gebäude ne Metallhülle hat, die gegen den Panzerstahl vom Panikraum wie Alufolie wirkt. Okay, okay. Ich höre es schon "Boah, du bist voll unrealistisch!". Gut, nehmen wir an, Jutta und Horst werden einfach nur überfallen. Sie bemerken es rechtzeitig und sprinten (mit ihrer Gehhilfe?) zum Panik-Raum... (vermutlich) im Keller. Merkste selber?! Aber gut.. okay, geschafft. Sie sind in Sicherheit. Die Einbrecher haben es nur auf Jutta's Geschmeide von "Bijou Brigitte" und Horst' Briefmarkensammlung abgesehen und gehen nach einer Zeit wieder. Und dafür 25.000 Euro Invest? Oder denkt ihr etwa, Norma24 richtig sich an das Klientel á la "Die Geißens", mit Picassos an der Wand und Lamborghinis in der Garage? Die haben ganz sicher andere Sicherheitssysteme. Man wäre also besser beraten, den Bruchteil des PopUp-Panikraums in eine schwerere Schlafzimmertüre mit extra Sicherung zu investieren - dann kann man sogar noch im Bett liegen, während die Panzerknacker das Haus durchwühlen.

Und wenn Jutta den Horst dann doch vorschickt, um zu prüfen, ob sie wirklich wieder weg sind, dann kann sich Horst ja direkt die schusssichere Weste überziehen, welche Norma ebenfalls anbietet, für lächerliche 599,- Euro. 


So, Spaß beiseite. Verstehen wir uns bitte nicht falsch: Diverse Leute werden sicher ein gesteigertes Sicherheitsempfinden haben. Und nichts gegen "Vorsorge" an sich, aber der Fall, wo mir schusssichere Weste oder ein Panikraum wirklich etwas bringen, sind schon sehr unwahrscheinlich. Das da draußen ist nicht der Vietkong, dat is nur Bottrop-West. Viel sinnvoller (und günstiger) wäre es, sich zum Beispiel mal einen gescheiten Vorrat an Lebensmitteln anzulegen, damit man (im Fall der Fälle) ein oder noch besser zwei Wochen autark überleben kann. Da kauft ihr immer dann, wenn die Dinge, die ihr sowieso kauft, im Sonderangebot sind (win-win-Situation), zwei, drei, vier mehr und legt sie euch ins Regal. Und wenn beispielsweise der/die/das Nutella alle ist, geht ihr dort hin und nehmt eins raus und freut euch, dass zusätzlich auch das Sonntagsfrühstück gerettet ist (win-win-win-Situation). So lange bis es Nutella mal wieder im Angebot gibt - dann stockt ihr euren Vorrat wieder auf und stellt die neuen Gläser hinten ins Regal, hinter die noch vorhandenen. Das nennt sich "lebender Vorrat".

Macht euch Gedanken darüber, wie ihr die Dosen-Ravioli evtl. erwärmen könnt (muss man nicht, schmeckt aber dezent besser), wenn Strom und/oder Gas nicht mehr funktionieren. Oder wie ihr auf dem Laufenden bleibt (Kurbel-/Solarradio) oder im Dunkeln zurechtkommt (Taschenlampen mit genug Batterien und/oder Kerzen). Oder was ihr unbedingt mitnehmen müsst (Notfall-Rucksack), wenn man fluchtartig das Haus verlassen muss, z.B. wegen eines Gaslecks, Überschwemmung, Bombenräumung, etc.. Das ist alles hundert Mal wahrscheinlicher, als dass ihr in solch einen behämmerten Panikraum flüchten müsst, in dem ihr dann wie die Sardinen in der Dose hocken könnt.

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