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Von "Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich" und "Degrowth"

Früher war alles besser... wird oftmals so lapidar dahergesagt. Naja, "alles" - über diese Brücke würde ich nicht gehen. Und es kommt natürlich darauf an, wie man "früher" konkret definiert. Beispiel: Die Phase 1933-1945 war "früher", aber definitiv NICHT besser. Am Ende des zweiten Weltkriegs jedoch könnte man zu der Ansicht gelangen, dass dort vermutlich der Großteil der (deutschen) Gesellschaft mehr oder minder vor dem Nichts stand. Vieles war zerstört oder schlicht nichts mehr wert (beispielsweise das alte Geld, Aktien, Immobilien, etc.). Es war praktisch wie ein "Reset". Mit der Einführung der D-Mark am 20. Juni 1948 erfolgte die Ausgabe des „Kopfgeldes“ an Einzelstehende bzw. Haushaltsvorstände in Höhe von 40 DM je Person (inflationsbereinigt etwa 122€ im Jahr 2024). Im Grunde hatten also alle zu Beginn gleich viel - warum ist es heute so viel anders? 

Es kursiert die These, dass wenn man sämtlichen Besitz, alles Vermögen, dass die Menschheit besitzt, auf einen großen Haufen werfen und danach gerecht verteilen würde, es nicht sehr lange dauert, bis die Verhältnisse davor wieder hergestellt wären. Soll heißen: Nehmen wir als Beispiel 100 Menschen und ein Vermögen von einer Million. Jede/r bekäme 10.000 Euro und kann damit machen, wonach es beliebt - ausgeben, anlegen/investieren. Nach vielleicht ein paar Monaten wären einige wenige wieder sehr reich und die meisten relativ oder sehr arm. Warum das so ist bzw. vielmehr "sein muss" s.u. ("Wäre ich nicht arm, wärst du nicht reich").

Karikatur: Tomicek

 „Wohlstand für alle“ war in den 50er Jahren Zielsetzung des damaligen Wirtschaftsministers Ludwig Ehrhard. Erhards Überlegungen: Die Politik müsse nur dafür sorgen, dass der Kuchen wachse, dann würde für alle ein entsprechend größeres Stück davon abfallen. Zwar wächst der Kuchen nach wie vor, doch der Wohlstand für alle, funktioniert schon lange nicht mehr. In kaum einem anderen Euro-Land ist der Unterschied zwischen Arm und Reich so über das Erträgliche hinaus gewachsen wie in Deutschland. 
Cartoon: Schwarwel

Es wird oft von der viel zitierten Schere zwischen Arm und Reich berichtet und dass sie immer weiter auseinander ginge. Gefühlt hört man das schon so lange, dass die Schere mittlerweile entzwei brechen müsste. Blickt man auf die Einkommen, liegt Deutschland im Vergleich zu den anderen EU-Staaten im Mittelfeld. Der sogenannte Gini-Koeffizient, der ein zentrales Maß für Ungleichverteilungen ist, lag hierzulande im Jahr 2020 bei rund 30 – genauso wie der EU-Durchschnitt. Angeführt wird die Liste der ungleich verteilten Einkommen von Bulgarien (40), Litauen (35,1), Lettland (34,5) und Rumänien (33,8). Bemerkenswert ist, dass in Ländern mit sehr hohen Steuersätzen (Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark) dieser Wert unter 30 liegt. Auch ein Grund, warum diese Länder (allen voran Finnland) im Glücklichkeitsranking immer weit vorne landen (s.u.)?

Karikatur: Martin Erl

Einkommen ist Reichtum für Anfänger - Vermögen ist Reichtum für Fortgeschrittene

Insbesondere die Vermögen sind im Vergleich dazu in Deutschland sehr ungleich verteilt (s.u.), ebenso wie anderswo: Die weltweit ärmere Hälfte der Bevölkerung besitzt laut Hilfsorganisation Oxfam lediglich 1,3 Prozent des Vermögens. Die reichsten zehn Prozent besitzen hingegen 67,3 Prozent, die Top-0,1-Prozent sogar 20,4 Prozent. Die Schere zwischen armen und reichen Menschen geht immer weiter auseinander. Erstmals seit 25 Jahren hätten extremer Reichtum und extreme Armut gleichzeitig zugelegt, erklärte Oxfam in einem 2023 veröffentlichten Bericht. 828 Millionen Menschen würden demnach auf der ganzen Welt an Hunger leiden. 

Wär' ich nicht arm, wärst du nicht reich

Wachstum ist nur möglich, wenn Kredite vergeben werden – und dass diese Kredite wiederum nur zurückgezahlt werden können, wenn weiteres Wachstum entsteht. Auch Gewinne kann es nur geben, wenn neue Kredite aufgenommen werden, und das System wäre nicht stabil, wenn sich der Staat nicht verschulden würde. Kurz: Schulden sind der Motor im Kapitalismus. Der Dokumentarfilm "Oeconomia" legt episodisch die Spielregeln des Kapitalismus offen - ein Aufklärungsfilm über den Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum, Verschuldung und Vermögenskonzentration. Eine schuldenfreie Welt ist nicht nur Illusion, sie ist noch nicht einmal wünschenswert. Beispiel: Das grandiose Scheitern des biblischen Sabbatjahres... weil in den Jahren vor dem Schuldenschnitt die Schuldner ihre Verträge so gedeichselt haben, dass die Tilgung genau in diesem Jahr angefallen wäre, in dem der Schuldenerlass gewährt wurde, haben die Gläubiger vorsichtshalber den Kredit verweigert. Weil es aber keine Kredite gab, gingen die Bauern pleite, denn sie konnten ihr Saatgut nicht mehr vorfinanzieren. Die gesamte Kreditversorgung kam zum Erliegen. Und mit ihr die gesamte Wirtschaft.

Nach dem berühmten österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter sind für den Kapitalismus drei Erscheinungsformen wesentlich: Das Privateigentum an Produktionsmitteln, die Produktion auf Kosten und Rechnung des Unternehmers (der damit einen anfallenden Gewinn einstreichen kann) und die Vergabe von Krediten. Wurden in Deutschland 1970 rund 500 Mio. Euro an Krediten ausgegeben, waren es 1990 bereits über 1.500 Mio. und 2010 rund 4.000 Mio. Euro. Übrigens bei sinkenden Bankenzahlen.

© Karikatur: Reinhard Alff

Laut Oxfam kassierte seit Beginn der Corona-Pandemie das reichste Prozent der Weltbevölkerung rund zwei Drittel des weltweiten Vermögenszuwachses. Seit 2020 sei das Gesamtvermögen aller Milliardäre pro Tag (!) um 2,7 Milliarden US-Dollar gestiegen. Gleichzeitig lebten 1,7 Milliarden Arbeitnehmer in Ländern, in denen die Inflation derzeit höher sei als die Lohnsteigerungen.

95 Lebensmittel- und Energiekonzerne hätten ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt und 306 Milliarden Dollar (282 Milliarden Euro) an Übergewinnen erzielt, so Oxfam weiter. Gleichzeitig erlebe die Welt die "wohl größte Zunahme der weltweiten Ungleichheit und Armut seit dem Zweiten Weltkrieg", kritisierte die Hilfsorganisation unter Berufung auf Daten der Weltbank. Während Millionen Menschen nicht wissen, wie sie Lebensmittel und Energie bezahlen sollen, bringen die Krisen unserer Zeit gigantische Vermögenszuwächse für Milliardäre. Konzerne und ihre "superreichen" Haupteigentümerinnen und Haupteigentümer müssten endlich ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten und eigentlich wollen das zumindest wohl einige (s.u.).

Die reichsten zehn Prozent der Deutschen besitzen mehr als die Hälfte allen Vermögens im ganzen Land. Nur sehr wenigen Menschen gehört also sehr viel. Wer Geld hat, für den ist vieles leichter. Er kann sich die besten Ärzte leisten, die besten Lehrer, die besten Anwälte, die besten Experten (um z.B. noch mehr Geld/Steuern zu sparen). Für ihn ist es auch leichter, noch mehr Geld anzuhäufen: Der Verdienst der Leute in Deutschland, die ohnehin gut verdienen, steigt. Zum Beispiel, weil diese Leute nach dem Einkauf im Supermarkt immer noch Geld übrig haben. Das können sie anlegen: Sie können Häuser kaufen, ganze Waldstücke oder Aktien an der Börse. Gerade in den vergangenen Jahren konnte man mit Aktien ziemlich viel Gewinn machen. Wer reich ist, wird noch reicher. Man kennt die satirischen "Marie Antoinette"-Aussagen, welche der FDP zugeschrieben werden: "Kein Geld für ÖPNV? Sollen sie doch Porsche fahren!" oder "Kein Geld für Miete/Supermarkt? Sollen sie doch Aktien verkaufen!".

Das Geld der meisten Menschen vermehrt sich aber eben nicht. Sie haben nicht genug Geld, um Häuser zu kaufen und durch den Verkauf reich zu werden. Und die Armen haben sogar immer weniger Geld - geschweige denn welches zum Zurücklegen. Zum Beispiel, weil es mehr schlecht bezahlte Jobs gibt als früher. Firmen konkurrieren mit anderen Unternehmen auf der ganzen Welt. Sie stehen deshalb unter größerem Druck als früher, ihre Produkte so günstig wie möglich herzustellen. Nur wer seine Waren (und Dienstleistungen) billig anbietet, kann viel verkaufen. Vor allem junge Leute, teils mit schlechter Ausbildung, arbeiten dann für geringe Löhne in diesen Firmen. Manche Menschen verdienen sogar so wenig, dass ihnen ein Job nicht zum Leben reicht. Sie müssen mehrere gleichzeitig machen, oder der Staat muss sie mit Geld unterstützen.

Einkommen entlasten - Vermögen besteuern

Um die Zunahme der Ungleichheit zu bekämpfen, fordert Oxfam Deutschland deshalb von der Bundesregierung, durch eine Übergewinnsteuer "exzessive Krisengewinne von Konzernen" abzuschöpfen. Zudem müsse die Vermögensteuer in Deutschland wieder erhoben und eine einmalige Abgabe auf "sehr hohe Vermögen" eingezogen werden. Stattdessen werden - vorrangig durch konservative Parteien - immer wieder "Vorschläge" eingeworfen, doch lieber bei der Vielzahl der Ärmeren noch mehr den Sparkurs anzusetzen, anstatt bei den wenigen Reichen ein kleines bisschen mehr abzuknapsen.

Die Vermögensteuer wurde zuletzt 1996 erhoben; in jenem Jahr betrug ihr Aufkommen rund 9 Milliarden DM (= ca. 4,5 Milliarden Euro). Würde man sie wieder einführen, schätzen Experten die Einnahmen daraus auf 10 bis 20 Milliarden Euro. Doch eine der großen Ängste der Deutschen ist die Umverteilung. Und das Thema spitzt sich auch noch zu: "In ein paar Jahrzehnten sind wir nur noch 40 Mio. - wie soll das bloß gehen?" (Stichwort "demografischer Faktor"). In Dänemark hocken nur halb so viele Menschen wie in DE auf einem km², in Finnland, Schweden und Norwegen sind es nicht mal ein Zehntel. Es gibt eine Liste von Ländern, ein Ranking, wo die Bürger_innen sich glücklich und von Ihrem Staat fair behandelt fühlen. Das sind die Länder mit sehr geringer Bevölkerung und den höchsten persönlichen Steuersätzen - also der höchsten Umverteilung. Das, wovor wir am meisten Angst haben, das macht glücklich und zufrieden.

Daten aus dem Jahr 2023
 

Teilen ist etwas Soziales. Das grundsätzliche Problem unserer Gesellschaft: Vermögende Menschen sozialisieren meist nur die Verluste. Gewinne werden immer privatisiert.

Es gibt Ausnahmen: Die BASF-Erbin Marlene Engelhorn ließ 50 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger darüber entscheiden, wie 25 Millionen Euro aus ihrem Erbe verteilt werden. Nun wurde bekannt gegeben, dass das Geld an 77 Organisationen fließt, die sich mit den Themen Klima und Umwelt, leistbares Wohnen, Gesundheit und Soziales sowie Integration und Bildung beschäftigen. Das Ergebnis sei so vielfältig wie der Rat, welcher die Entscheidungen fällte, selbst. Die Organisationen erhalten Beträge zwischen 40.000 Euro und 1,6 Millionen Euro. "Es fühlt sich wunderbar an, zu teilen" sagt die deutsch-österreichische Sozialaktivistin. Viele Reiche selbst fordern sogar höhere Steuern - sie engagieren sich beim Verein "taxmenow". Man kann Menschen ihre Million gerne gönnen, meinetwegen auch 10 oder 100 Millionen Euro – aber niemand sollte so viel Geld besitzen, dass es in diesem Leben nicht einmal mehr ansatzweise auszugeben ist. Mehr als 250 Superreiche forderten im Rahmen des Weltwirtschaftsforum in Davos in einem offenen Brief einen politischen Wandel - "tax the rich".

Es muss Schluss damit sein, dass Vermögen weniger besteuert, wird als Arbeit. Wer mit seinen Händen etwas erschafft, Wissen vermittelt/unterrichtet oder für andere Menschen da ist, sie umsorgt/pflegt/ihnen hilft, darf am Ende des Monats/Lebens nicht mit weniger dastehen als jemand, der auf Verluste an der Börse wettet, Vermögen erbt oder millionenschwere Abfindungen für (gar sehr kurze) Tätigkeiten in Aufsichtsräten o.ä. oder als (erfolgloser) CEO erhält.

Besteuerung der Tech-Giganten

Amazon gelang das Kunststück, im Corona-Jahr 2020 in Europa trotz 44 Mrd. Euro Rekordumsatz noch 56 Mio. Euro Verlustvortrag auszuweisen. Auch hier beweist sich: Wer Geld hat, findet Wege, dieses zu vermehren bzw. Abgaben zu minimieren. Apple, Facebook und Samsung haben im ersten Quartal 2021 Milliarden-Gewinne eingefahren: Apple und Samsung profitierten dabei stark von einem Schub bei den Smartphone-Verkäufen – und Facebook von mehr Werbung bzw. höheren Anzeigenpreisen auf der Plattform. Wie Amazon konnte auch Google-Mutter Alphabet seine Umsätze im Pandemie-Jahr 2020 deutlich steigern: Ein Drittel des Gesamterlöses von 182,5 Milliarden US-Dollar machte Alphabet in der EMEA-Region (Europa, naher Osten/"middle East", Afrika). Digitalfirmen wie Facebook, Apple, Amazon und Google zahlen in der EU nur grob halb so viele Steuern wie „klassische“ Unternehmen: Mit Firmensitz in Steueroasen, effektiv nur 9,5 Prozent Steuern - heimische Unternehmen jedoch ca. 23 Prozent. Mit dem aktuellen Steuersystem bekommen Staaten die Gewinne von Digitalfirmen auch nicht wirklich zu fassen. Kein Wunder, denn es ist über 100 Jahre alt.

Ist "Degrowth" (Postwachstum) die Lösung?

Der Kapitalismus ist auf ständiges Wachstum ausgelegt und by the way: Ständiges Wachstum ist auch die Logik einer Krebszelle. Bisher sind mit der Wirtschaft auch stets die CO2-Emissionen gewachsen. Rettet eine schrumpfende Wirtschaft folglich auch das Klima? Die Degrowth-Bewegung fordert jedenfalls, den Fokus auf permanentes Wachstum aufzugeben. Konkret geht es um neue Grundsätze (statt Wachstum): 

  • Lebensqualität fördern
  • Ungleichheit abbauen
  • ökologische Nachhaltigkeit. 

Erreicht werden soll dieses u.a. durch 

  • kürzere Arbeitszeit
  • langlebige Produkte
  • Gemeinwohlökonomie z.B. mit Genossenschaften
  • gute öffentliche Gesundheitsversorgung und BIldung.

Kürzere Arbeitszeit? Und das wo jüngst Griechenland die max. Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden bzw. sechs Tage erhöht, um dem Fachkräftemangel Herr zu werden? By the way: Markus Söder (klar, wer sonst?) fordert dies auch bei uns, denn "Deutschland spielt ökonomisch in der Abstiegszone". Kurze Anmerkung: Laut deutschem Arbeitszeitgesetz liegt die wöchentliche Höchstarbeitszeit bei... ähm... 48 Stunden. Also einer 6-Tage-Woche. Also, das was Griechenland jetzt einführt, ist bei uns schon jahrzehntelang Gesetz. Randfakt: Von allen Müttern mit Kindern unter drei Jahren ist nur ein Drittel erwerbstätig, aber zwei Drittel wünschen sich eine Erwerbstätigkeit. Bundesweit fehlen somit ca. 840.000 Mütter ungewollt am Arbeitsmarkt. Aber allein in Bayern fehlen mehr 70.000 Betreuungsplätze für Kinder. Vielleicht wäre das ja etwas, wo Markus Söder ansetzen sollte, bevor er Dinge fordert, die schon lange möglich sind.

Ja, es gibt auch Kritik: Kritiker_innen des Degrowth-Modells sagen, dass uns eine schrumpfende oder stagnierende Wirtschaft in der Klimakrise nicht weiterhilft. Der ökologische Umbau der Wirtschaft benötige viele Investitionen und es drohen massive Verteilungskonflikte, denn die Reichsten müssten auf sehr große Teile ihres Einkommens verzichten, was "politisch unrealistisch" sei (ach ja? "tax the rich", "tax me now", "proud to pay"?). Stattdessen wird vielmehr ein "grünes Wachstum" gefordert - die Wirtschaft soll also weiter wachsen, gleichzeitig aber die Emissonen und der Ressourcenverbrauch sinken. Klingt wie die eierlegende Wollmilchsau. Möglich werden soll dies durch erneuerbare Energien, Innovationen und (mehr) Recycling - geht's noch allgemeiner? WAS für Innovationen zum Beispiel? Degrowth-Forscher_innen befürchten hingegen, dass dieser Umbau der Wirtschaft zu lange brauchen wird, um die Klimaziele zu erreichen und da bin ich gänzlich bei ihnen.

Nochmals: Kapitalismus ist ein System, in das man Geld investiert. Am besten in die Produktion, um mehr Waren herzustellen, die man dann mit Gewinn verkaufen kann. Seit 1970 verbrauchen wir pro Wareneinheit 50% weniger Energie. Aber das führte nicht dazu, dass der Energieverbrauch reduziert wurde, stattdessen produzieren wir 100% mehr Waren.

Denn: Produktivitätsgewinne im Kapitalismus werden immer in Wachstum umgesetzt. Würde man sagen, es gibt kein Wachstum mehr, dann würde das automatisch bedeuten, es gäbe auch keine Gewinne mehr. Wenn es keine Gewinne gibt, erfolgen keine Investitionen, das System Kapitalismus würde einbrechen. Der Kapitalismus kann im Grunde nicht überleben, denn er hat zwei absolute Grenzen: Die Rohstoff- und die Umweltgrenze. Der jährliche "Earth Overshoot Day" (Erdüberlastungstag) - der Tag des laufenden Kalenderjahres, an dem die menschliche Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen das Angebot und die Kapazität der Erde zur Reproduktion dieser Ressourcen in diesem Jahr übersteigt - rückt (
mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020) jedes Jahr näher: War es in den 1970ern noch irgendwann Ende Dezember, kann die Menschheit den Tag mittlerweile bereits im Juli/August "feiern". Nur auf Deutschland bezogen fiel er dieses Jahr sogar schon auf den 2. Mai. Kurz nach Ostern haben wir hierzulande bereits alle Rohstoffe verbraucht, die der Planet binnen eines Jahres regenerieren kann. Das ist auch nichts anderes, als hätten wir bereits am Monatszwölften unser komplettes Einkommen verprasst und kein Geld mehr auf dem Konto. Derzeit handeln wir alle so, als hätten wir zwei Planeten. Falls es aber jemand noch nicht mitbekommen haben sollte: Wir haben nur einen. "Degrowth" würde hier den richtigen Ansatz bieten.


Entscheidend ist: Wir müssen (endlich) etwas ändern, aber wir agieren viel zu langsam.

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