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Heizungsideo-WAAAAS?

Wir müssen mal ganz kurz über die aktuelle Diskussion in der Gesellschaft sprechen. Selten habe ich ein Thema erlebt, welches die Gemüter dermaßen (Achtung Wortspiel) erhitzt: Die Heizungs-Diskussion. Selten wurde in einem Sommer so viel über Heizungen gesprochen! Hierzu wollen wir mal eben schnell festhalten:
  • In Erding demonstrierten kürzlich etwa 13.000 Menschen gegen das GEG (Gebäudeenergiegesetz) - by the way: Erlassen 08/2020, Inkrafttreten 11/2020, Inkrafttreten der
    letzten Änderung: 01/2023
  • Zum Vergleich: Am 20.09.2019 demonstrierten allein bundesweit 1,4 Mio. Menschen für mehr Klimaschutz und noch im März 2023 nahmen über 200.000 Menschen am Klimastreik teil.

Ja, Klimaschutz hat seine Gegner, aber wir müssen die Relationen beachten. Und wir müssen bitte auch einmal festhalten: Es ist wissenschaftlich belegt: Eine Wärmepumpe macht aus 1kWh Strom gut und gerne vier kWh Wärme. Also praktisch "geschenkte Energie". Und Söder so:

Söder bei der Demo in Erding - Foto: RND.de
 

"Stoppt die Heizungsideologie"?!?! Der bayerische Ministerpräsident spricht vor 13.000, überwiegend von AfD und Querdenkern zusammengetrommelten, "Heizungsgesetz-Kritikern" (vermutlich sind auch noch einige ehemalige Corona-Demonstranten dabei - die haben mittlerweile ja nichts mehr zu tun) und wird dann auch noch ausgebuht. Kannste Dir nicht ausdenken, wenn man sich ideologisch nur noch ganz rechts anbiedern kann und selbst da abblitzt.

Übrigens: In Dänemark dürfen bereits seit 2013 (in Neubauten) keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden. Also gar nicht (seit 2016 auch in Bestandsbauten). Seit zehn Jahren! Erinnert sich jemand an die tumultartigen politischen Zustände in dem Land? Nein? Wie auch, gab es nämlich nicht. Schauen wir nach Norwegen, ein Gasförderland!!! Dort hat man es geschafft, dass mittlerweile 60 Prozent der Heizungen eine Wärmepumpe haben – in Deutschland liegen wir bei jämmerlichen drei Prozent. 

Das erinnert ein Stück weit an die Diskussion bzw. die Debatte um die Einführung des Katalysators. Damals verbreiteten Lobbyisten der Automobilindustrie das Narrativ, dass man das gar nicht leisten könne und Hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr seien. Kam dann doch irgendwie anders.

Oder dass wir den Winter 2022/2023 alle frierend in der dunklen Bude hocken würden. Tja...

Oder um nochmal beim Auto zu bleiben: Erhöhter Verschleiß, vorzeitige Ölwechsel, korrodierte Benzinleitungen und undichte Tanks - es gibt kaum ein Schreckenszenario, das in der E10-Diskussion vor etwas über zehn Jahren nicht skizziert wurde. Heute greift (auch aufgrund des günstigeren Preises) fast jede/r vierte Autofahrer/in an der Zapfsäule zum erhöhten Bioethanol-Anteil.

Um noch einmal auf die Wärmepumpe zurückzukommen, also das Gerät, welches aus einer Kilowattstunde Strom das Vierfache an Wärme produziert - also 400% Wirkungsgrad. Öl- oder Gasheizungen mit Konstanttemperaturkessel erreichen einen Wirkungsgrad von etwa 70 %, Heizungen mit einem Niedertemperaturkessel erreichen 80 % bis 90 %. Warum verflucht heizen wir seit Jahrzehnten deart ineffizient? (Antwort: Weil es schlicht - zu - billig war)

Oder um nochmal als Vergleich des Deutschen liebstes Kind heranzuziehen: Der Wirkungsgrad eines Benzinmotors liegt bei üblicher Fahrweise nur bei gut 25 Prozent. Mehr als drei Viertel der im Kraftstoff enthaltenen Energie werden also gar nicht fürs Fahren verwendet. Sie gehen als Abwärme weitgehend verloren. Berücksichtigt man zudem die Energieverluste bei der Kraftstoffbereitstellung, also der Schritte vom Bohrloch bis zum Fahrzeugtank, so wird nur rund ein Fünftel der ursprünglich eingesetzten Energie wirklich genutzt. Das stellt merkwürdigerweise kaum jemand in Frage.

Wirklich effizient ist der Verbrenner nicht - Bild: BMU

Wir sind an einem Punkt angelangt (wenn nicht gar schon längst überschritten), wo wir uns es nicht mehr leisten können, Energie zu verschwenden, als gäbe es kein Morgen (das könnte schneller kommen, als uns lieb ist).

Nochmals zum GEG: Nach der „kleinen“ Novellierung im Sommer 2022 folgt die „große“ im Jahr 2023. Diese war bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vorgesehen und bekommt durch die Energiekrise noch mehr Brisanz. Der Hauptstreitpunkt ist dabei das Thema „Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen“. Dabei kommt es durch die mediale Berichterstattung zu einer großen Verunsicherung seitens der Verbraucher_innen: Falsche Aussagen vermischen sich mit Fakten. Begriffe wie „Heizungsverbot“ oder „Heizhammer“ emotionalisieren das Thema stark. Dabei sind die Fakten eindeutig:

  • "Der Staat zwingt mich eine neue Heizung einzubauen!" - NEIN! Ab 2024 hätten Eigentümer_innen beim Einbau neuer Heizungen konsequent auf erneuerbare Energie setzen müssen. Das heißt konkret, dass ab dem 01.01.2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65% mit erneuerbaren Energien hätte betrieben werden müssen. Eine Technologie, die sich hierfür sehr gut eignet, ist die Wärmepumpe. Sie ist aber nicht die einzige Heizoption, die Eigentümer*innen haben. 
  • "Ich will/kann aber keine Wärmepumpe bei mir einbauen!" - MUSS AUCH KEINER! Die 65%-Regel könnten Eigentümer_innen auch dann einhalten, wenn sie ihre Heizanlage an ein Wärmenetz (Fern- oder Nahwärme) anschließen, eine Stromdirektheizung wie die Infrarotheizung installieren oder eine Hybridheizung einbauen lassen. Auch die Nutzung einer Gasheizung ist möglich, sofern sie nachweislich mit erneuerbaren Gasen betrieben wird. Wer in einem Bestandsgebäude wohnt, darf auch auf eine Holzheizung (z. B. Pelletkessel) zurückgreifen.
  • "Das kann sich doch keiner leisten!" - Damit der Umstieg auf erneuerbare Energien für die Haushalte finanzierbar ist, sieht die GEG-Novellierung eine Änderung der Förderlandschaft vor. Konkret soll es eine einheitliche Grundförderung für alle umweltfreundlichen Heizoptionen in Höhe von 30 Prozent geben. Das bedeutet: Wer seine bestehende Gas- oder Ölheizung gegen eine Wärmepumpe, eine Stromheizung oder eine Holzheizung (nur im Bestand) austauscht, bekommt 30 Prozent der Gesamtkosten bezuschusst. Darüber hinaus soll es noch einen sogenannten Klimabonus geben. Kombiniert beträgt der Fördersatz in einigen Fällen bis zu 50 Prozent. 

Bedeutete konkret:

  • Die Pflicht zum erneuerbaren Heizen gilt nur für den Einbau neuer Heizungen UND: Ausnahmen sind möglich. In Härtefällen können Eigentümerinnen und Eigentümer von der Pflicht befreit werden.
  • Bestehende Heizungen können weiterbetrieben werden. Kaputte Heizungen können repariert werden.
  • Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel ist (Heizungshavarie), gibt es pragmatische Übergangslösungen und mehrjährige Übergangsfristen, so dass der Umstieg auf eine erneuerbare Heizung nicht ad hoc erfolgen muss.
  • Die vorgesehene Regelung ist technologieoffen. In bestehenden Gebäuden können auch weiterhin Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65 % grünen Gasen oder in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Es gibt also mehrere Möglichkeiten, mit verschiedenen Technologien die Vorgabe für das Heizen mit erneuerbaren Energien zu erfüllen. 
  • Der Umstieg wird durch Förderung gerade für untere und mittlere Einkommensgruppen unterstützt.

Es ist wie so oft im Leben: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, bzw. wie es von gewissen Medien (Bild, Welt und Co.) oder konservativen Seiten hochgekocht wird.

Und nun wird (wegen des Hochkochens) nochmals "nachgebessert", nein sagen wir lieber rumgeschraubt: Das sogenannte Heizungsgesetz soll enger an die kommunale Wärmeplanung gebunden werden. Konkret soll gelten: Wer in einem Gebiet wohnt, wo es noch keine kommunale Wärmeplanung gibt, hat erst einmal dieselben Möglichkeiten wie jetzt. Denn dort sollen die 65-Prozent-Quote an erneuerbarer Energie für Heizungen im Bestand zunächst noch nicht gelten. Es bleibt also alles beim Alten. Wo schon eine kommunale Wärmeplanung vorliegt, greifen allerdings die Regelungen des neuen Gesetzes – und das soll bis spätestens 2028 in ganz Deutschland der Fall sein. Aber auch in Kommunen mit dieser Planung können nach den „Leitplanken“, auf die sich die Ampel-Fraktionen am Dienstag geeinigt haben, unter Umständen noch Gasheizungen eingebaut werden.

Das erinnert verschärft ab das quengelnde Kleinkind an der Kasse, dass die dort angespriesene Süßigkeit haben will... Vater/Mutter sagt nein (weil Kind auf Diät/gleich zu Hause Mittag gegessen wird,...). Kind wirft sich trommelnd auf den Boden. Elternteil gibt nach. Jetzt mal im Ernst: In einer Zeitung von 1980 stand, dass die Wärmepumpe im Jahr 2000 die dominierende Heizung wäre und bereits in den (19)90ern die führende Energiequelle Erdgas ablösen würde. Dürfen wir mal alle herzhaft lachen?!

Vielleicht klappt es ja 2090? - Quelle: Pforzheimer Zeitung/Twitter

Und gefühlt das halbe Land meint heute, Habeck hätte sich das ausgedacht, um uns allen auf die Nerven zu gehen? Mal ehrlich: 

  • Paris war ein Kompromiss. 
  • Die deutschen Klimaziele waren ein Kompromiss des Kompromisses
  • Der Koalitionsvertrag war ein Kompromiss des Kompromisses des Kompromisses
  • Und das Gebäudeenergiegesetz ist nun der Kompromiss des Kompromisses des Kompromisses des Kompromisses.
  • Wie viele Kompromisse wird unser Planet, das Klima wohl verkraften???

Wer sich nun (noch bis 2028) eine neue Gasheizung einbaut, soll mir nicht irgendwann angejammert kommen, dass er erst "so viel Geld" für eine neue Heizung eingebaut hat und sich dann die zukünftigen Gaspreise nicht mehr leisten kann!

Kommentare

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