Im Jahre 2020, dem Jahr der Pandemie, als besorgniserregende Bilder aus Bergamo und Co. den Weg zu uns fanden, wurde dieser Artikel geschrieben. Ein Wort ist darin ganz besonders hervorzuheben: Italiensehnsuchtssommer. Auch wir hatten in diesem Jahr wieder vor, den Urlaub in Italien zu verbringen, nachdem wir im Jahr zuvor in Dänemark weilten - ja, die A7 ist sozusagen unsere alljährliche Urlaubsroute, mal gen Norden, mal Richtung Süden.
Doch die Militär-Convoys, welche Dutzende von Corona-Toten in die Krematorien beförderten, waren Abschreckung und Anlass genug, dass wir auf den Italien-Urlaub 2020 verzichteten und (schweren Herzens) stornierten. Abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt (von einer Impfung waren wir ja noch sehr weit entfernt) gab es zudem ungewisse Regelungen (u.a. Quarantäne nach Rückkehr), die bis zu einem absoluten Haltestopp in Österreich führten (wer zum Transit durch das Alpenland/über den Brenner nach Italien wollte, durfte seinerzeit nicht mal zum Tanken oder Pinkeln rechts ranfahren).
Wie gesagt: Schweren Herzens stornierten wir damals. Bin ich in Italien, bin ich ein anderer Mensch. Ich kann es vielleicht ansatzweise nachvollziehen, wie sich Goethe bei seinen Italienreisen gefühlt haben muss. Tim Mälzer sagt über sich, dass er der beste italienische Koch außerhalb Italiens sei. Und auch ich muss gestehen, dass in meinem Herzen ein kleiner Italiener weilt. Höre ich die Sprache, ist das für mich wie Musik (weshalb ich sie seit Anfang 2022 - mit Pausen - erlerne). Komme ich in den Genuss echter (!) italienischer Küche, geht mir das Herz auf. Nach Corona waren wir 2021 und 2022 wieder im Stiefel zu Gast. Speziell die Toskana 2021 ist an Schönheit kaum zu überbieten.
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Toskana 2021 - beim Anblick des Bildes höre ich noch heute die Grillen zirpen - Foto: Privat |
2023 haben wir uns aus verschiedenen Gründen für eine Woche Dänemark entschieden:
- A) Regel bleibt Regel (2022 Italien = 2023 Dänemark)
- B) Es sollte aufgrund diverser notwendigen Arbeiten am Haus nur eine Woche sein (das ist für Italien zu kurz, weil allein vier Tage für Anreise/Rückfahrt notwendig sind)
- C) Die aktuellen klimatischen Bedingungen (um das Mittelmeer wurden bereits im Mai/Juni Temperaturen um die 40°C gemessen) sind insbesondere für unsere Hunde eine Tortur
Speziell letzterer Aspekt sollte sich als sehr weiser Entschluss erweisen - im Juli wartete die Hitzewelle mit bis zu 48°C auf. Und was musste ich jüngst lesen? Italien erhöht massiv die Preise. Das zeigt sich sowohl bei der Beherbergung als auch in der Gastronomie: Im Golf von Tigullio nahe Portofino kostet ein Espresso an einem Tisch
auf dem zentralen Platz bis zu 15 Euro. Eine Flasche Wasser kostet fünf
Euro. Zehn Euro zahlt man für eine Kugel Eis. Portofino selbst ist ein
echter Teuer-Klassiker und die Stadt wird ihrem Ruf gerecht: Dem
Bericht nach kostet eine Pizza Margherita mit Meerblick schlappe 45
Euro. Eine vierköpfige Familie muss andernorts/normal mit Kosten von rund 160 Euro pro Urlaubstag rechnen, heißt es. Ich weiß nicht, ob das richtig gerechnet wurde, denn ich fände das fast noch günstig. By the way: Dänemark ist natürlich auch nicht Discount-Urlaub - allein der erste Einkauf für die Woche hat beim dänischen Lidl umgerechnet knapp 250 Euro gekostet (und der Einkaufswagen war nicht mal randvoll). Die eine Woche Ferienhaus schlug mit allen Nebenkosten (Strom, Wasser, Endreinigung, Haustierzuschlag) mit rund 1.600 Euro zu Buche. Das sind knapp 230 Euro pro Tag für die vierköpfige Familie.
Zum Vergleich: Im Jahr 2018 waren wir in einem Hotel in den Abruzzen. Dieses hat uns so gut gefallen, dass wir entschlossen hatten, dort 2022 erneut hinzufahren - ganz entgegen unserer Gewohnheit, immer etwas Neues auszuprobieren. Jedes Jahr z.B. erneut auf genau denselben Camping-Platz zu fahren, wo man nach einigen Jahren jeden Grashalm und jede Unebenheit auf dem Stellplatz kennt und dort womöglich noch jahrein jahraus dieselben Nachbarn zu treffen, ...nein Danke.
Zurück zu den Abruzzen. Was soll ich sagen... es war eine Enttäuschung:
- Das Hotel war ggü. 2017 (als die Buchung für 2018 erfolgte) teurer: Statt 1.984,- zahlten wir satte 3.591 Euro. Okay... fünf Jahre später, Inflation/Preissteigerungen und sicher wollte man nach Corona auch wieder "ein bisschen was reinholen". Andererseits waren (rückblickend betrachtet) knapp 2.000 Euro für zehn Tage für vier Personen wohl echt ein "Schnapper".
- Wohlgemerkt: Es war dasselbe Hotel (vier Sterne), dasselbe (Familien-)Zimmer, beim gleichen Anbieter (TUI) und die gleiche Reisedauer (zehn Tage).
- Schlechter jedoch: Statt "all inclusive" (2017) gab es 2022 nur noch "Vollpension plus". Konnte man sich 2017 am Pool ein Bier oder einen Eiskaffee oder die Kinder eine Cola gönnen, ohne extra zu bezahlen, gab es 2022 keine Getränke abseits von Wasser ohne Aufpreis. Lediglich zum Abendessen gab es noch den Hauswein und zum Frühstück den Cappuccino. Alles andere nur gegen Zuzahlung. Wofür genau das "plus" in "Vollpension plus" stand, konnte uns die TUI weder damals zufriedenstellend beantworten, noch konnte man dies erfolgreich recherchieren.
Und auch sonst gab es ggü. 2017 einige Abstriche, beispielsweise eine deutlich schlechtere Animation, das Abendessen gab es nur noch in Buffetform, wohingegen man 2017 noch am Vorabend aus versch. Menüs auswählen konnte. Halten wir fest: Höherer Preis für weniger Leistung.
Wie erwähnt: Die Preise sind allgemein gestiegen - okay. Und ja, sicher wollte man ein Stück weit auch die Verluste bedingt durch die Pandemie wieder ausgleichen. Doch: Seit dem Ende der Corona-Pandemie ist Reisen wieder voll im Trend. Beliebte Urlaubsziele sind regelrecht überfüllt an Touristen. Nach aktuellen Angaben des italienischen Meinungsforschungsinstituts Demoskopika werden in den kommenden Monaten bis zu 68 Millionen Touristen erwartet, mehr als die Hälfte davon sollen aus dem Ausland kommen. Das entspricht einem Plus von 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das stellt viele Urlaubsziele vor neue Probleme, welche man nun mit - meiner Ansicht nach - sehr zweifelhaften Methoden Herr zu werden versucht und ich rede nicht von "Selbstverständlichkeiten", wie, dass außer zum Frühstück nie, nie, niemals ein Cappuccino bestellt oder Spaghetti mit dem Messer kleingeschnitten werden sollten (dafür erschlägt dich jeder Italiener, genauso wenn man "Expresso" oder "Gnotschi" sagt). Ein paar Beispiele:
Touristen sollten z.B. die Sehenswürdigkeiten des Landes respektieren. An und für sich eine Selbstverständlichkeit. Aber: Erst zuletzt verbreitete sich das Video eines Mannes, der den Namen von sich und seiner Freundin in das Kolosseum in Rom eingeritzt hatte.
Dem Touristen drohen demnach nun bis zu 20.000 Euro Bußgeld und bis zu
fünf Jahre Haft. Bereits 2014 wurde ein Urlauber zu 20.000 Euro Strafe
und vier Jahren auf Bewährung verurteilt, weil er auf die Wände des
berühmten Amphitheater gemalt hatte. Okay, gehe ich mit... da sind die Bauten roundabout 2.000 Jahre alt geworden und irgendein dahergelaufener Hansel meint, sich nun darauf verewigen zu müssen. Der schreibt sicher auch im Louvre auf die Mona Lisa "Horst war hier!". Werden wir etwas "alltäglicher"...
Rauchen kann an vielen Stränden, wie in Apulien oder auf den Mittelmeer-Inseln Sizilien und Sardinien mit bis zu 2.000 Euro bestraft werden. Ebenfalls ungern gesehen: Kaugummi kauen oder Bier trinken. Sogar das Badetuch wird am Strand von Stintino auf Sardinien zum No-Go. Grund: zunehmender Sandverlust. Erlaubt sind nur noch Matten, an denen keine Sandkörner haften bleiben. Kein Witz! Um die besonders im Sommer beliebten schneeweißen Strände zu schützen, wurden zudem die Besucher auf 1.500 am Tag begrenzt und eine Eintrittsgebühr (3,50 Euro) erhoben.
An der Cala dei Gabbiani und Cala Biriala gilt sogar eine Nutzer-Obergrenze für nur bis
zu 300 Besucher am Tag, an der Cala Goloritze 250 Besucher und an der
Cala Mariolu, dem größten der Strände,
eine Obergrenze von 700 Personen pro Tag. Für den Strand Cala Golritze,
der nur zu Fuß oder per Boot zu erreichen ist, soll außerdem eine
Eintrittsgebühr von sechs Euro fällig werden. Außerdem müssen sich die
Besucher mindestens 72 Stunden vor ihrem Besuch per App anmelden.
Bereits jetzt ist es verboten, Muscheln, Steine oder Sand aus der Natur mitzunehmen. Wie ernst es italienischen Behörden mit dem Naturschutz ist? Beim Missachten können fast 10.000 Euro Strafe drohen. An der Adria-Küste dürfen weder Sandburgen gebaut, noch gebuddelt oder Ball gespielt werden.
Wer mit seinem oder seiner Liebsten Zärtlichkeiten austauschen möchte, sollte vorher das Fahrzeug verlassen. In Eboli in der Provinz von Salerno können liebevolle Bussis im Auto bis zu 500 Euro Bußgeld bedeuten. Keinesfalls sollten Autofahrer in ganz Italien bei offenem Fenster lässig den Arm heraushängen lassen. Es sei denn, ein Bußgeld zwischen rund 40 und 170
Euro macht einem nichts aus.
Im Partyort von Rimini und in Rom sind an manchen Orten "Snacks to-go" verboten. Nicht mal für Eiscreme oder Pizza wird eine Ausnahme gemacht.
- 450 Euro Strafe fürs Taubenfüttern auf dem Markusplatz.
- Auf einen Baum klettern? Wer beim Klettern erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von bis zu 40 Euro rechnen.
- Wer sich beispielsweise auf den Stufen des Mailänder Doms oder an einem anderen Denkmal niederlässt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 160 Euro.
- Geführte Bar-Touren in großen Gruppen sind verboten und zwischen 22 und 7 Uhr darf kein Alkohol in der Öffentlichkeit getrunken werden. Bars dürfen nur noch bis zwei Uhr nachts Alkohol ausschenken. Wer sich nicht daran hält, dem droht ein Bußgeld.
- In Sorrent, Tropea und Cagliari ist es wie in Lerici verboten, sich im öffentlichen Raum außerhalb von Badebereichen oberkörperfrei oder in Badebekleidung zu zeigen. Wer dagegen verstößt, riskiert laut Auswärtigem Amt ein Bußgeld zwischen 25 und 500 Euro.
- 100 Euro werden dagegen fällig, sollte man sich an den Stränden der Emilia-Romagna und der Toskana massieren lassen.
- In dem oben bereits erwähnten pittoresken Ort Portofino an der italienischen Riviera leben gerade mal 400 Einwohner. Seit einiger Zeit ist das Fischerdorf allerdings der letzte Schrei auf Social Media. Influencer lieben die Kulisse aus bunten Häusern und Steilküste. Deswegen hat der Ort nun entschieden, sogenannte „Rote Zonen“ einzuführen. Hier dürfen Menschen zwar vorbeigehen, nicht aber stehen bleiben, um etwa ein Selfie zu schießen oder darauf warten, wieder an Bord eines Kreuzfahrtschiffes zu gelangen. Wer dagegen verstößt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 275 Euro rechnen.
- Eigentlich leben auf Lampedusa nur 6.700 Einwohner – im Sommer kommen aber bis zu 200.000 Touristen auf die Insel. Viele bringen ihr Auto mit. Deswegen wurde die Regel eingeführt, dass zwischen Ende Juli und Anfang September keine Autos mit ortsfremden Kennzeichen fahren dürfen. Wer sich daran nicht hält, muss mit einem Bußgeldbescheid rechnen.
- Ähnliches gilt auf Giglio: Demnach dürfen im August, wenn der traditionelle Ruderwettkampf "Palio Marinaio" bis zu 30.000 Menschen anzieht, nur diejenigen, die länger als vier Tage auf
der Insel bleiben mit dem eigenen Auto anreisen. Die Touristen müssen
sich mit einem Formular vorab anmelden und zudem im Sommer ein
Eintrittsgeld in Höhe von drei Euro zahlen, um auf die Toskana-Insel zu gelangen. Im Winter beträgt die Gebühr zwei Euro
- Taschen packen (Badesachen, Getränke, etc.) und Kind und Kegel (in diesem Fall auch Hunde) ins Auto verfrachten
- etwa eine halbe Stunde zum nächstgelegenen Strand fahren
- dort für einen staubigen Parkplatz auf dem es nicht einmal einen Fatz Schatten gab, eine Parkgebühr von bis zu zehn Euro/Tag zahlen
- das gesamte Geraffel vom Parkplatz bis zum Strand schleppen (nicht selten rund 500m und die können vollbepackt seeehr lang werden) - häufig musste auch der Hund (19kg) getragen werden, weil der Sand schlicht zu heiß für die Pfoten war
- und am Strand selbst angekommen musstest du dir (immer noch vollbeladen) oft mühsam ein freies Plätzchen suchen - oft waren die Strände nur knapp 5m breit und vorne bereits gut besucht
- Endreinigung: 15 Euro/Person
- Kurtaxe: 1,50 Euro/Person und Tag
- Haustier: 35 Euro/Tier
- und einiges andere mehr
Strenge Regeln und vor allem gepfefferte Preise haben nun wohl bereits ernste Konsequenzen. Ein Experte warnte schon vor dem "Kroatien-Effekt", wo Urlaubende Reisen vielfach stornierten und Anbieter daraufhin ihre Preise reduzieren mussten, um keine leeren Hotelzimmer in der Hochsaison vorzufinden. Doch genau dieser Effekt zeigt sich teils schon in Italien. Laut einem aktuellen Bericht verreisen knapp 40 Prozent der Italiener_innen in der Hochsaison gar nicht. Und die, die genug Geld für einen Urlaub haben, verkürzen ihren Aufenthalt, um zu sparen. In Apulien schlug man etwa bereits Alarm, da die Einheimischen selbst wegen der hohen Preise wegblieben. Gleiches zeigt sich in Ligurien.
Der sogenannte Veblen-Effekt (durch höhere Preise dennoch mehr verkaufen) greift nunmal nicht überall. Ich hatte das Beispiel sicher schon mal irgendwo erwähnt: Früher habe ich am PC gerne Fußball-Manager gespielt. Unter anderem war man auch für die Gestaltung der Eintrittspreise zuständig. Hatte man für ein Spiel einen Preis von 15 Euro angesetzt, kamen 40.000 ins Stadion (= 600.000€). Hatte man ein vermeintliches Top-Spiel, für das man 25 Euro Eintritt wollte, kamen nur 20.000 Menschen (= 500.000€). Niedrigerer Preis = mehr Einnahmen. In einem gewissen Grad sollte der Tourismus das auch beherzigen.
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