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Hufeisenschema/Hufeisentheorie - Bild: Collage |
Aktuell sind die politischen Begriffe "links" und besonders "rechts" wieder sehr häufig im Umlauf. Oft wird vom "Schulterschluss gegen Rechts" gesprochen. Und es wird gerne mal relativiert. "Was ist denn eigentlich 'rechts'"? Und "Vielleicht sind die anderen 'zu links'?". Manch einer argumentiert "Was sollen diese Demos? Ich lebe hier seit xx Jahren und mir ist noch kein einziger Rechtsextremer begegnet!" - ach ja? Hatte da jede/r ein Schild auf der Brust oder ein T-Shirt mit der Aufschrift "Ich bin nicht rechtsextrem!"? Sieht man den Leuten das an der Nasenspitze an? Andere sehen (auch) die Unterstützung für die Antifa besorgniserregend. Der eine oder die andere findet den "zeitlichen Zusammenhang" zwischen den "Demo-Aufrufen" und dem Ruf nach einem AfD-Verbot merkwürdig. By the way: Nur eine Google-Suche offenbart, dass erste Überlegungen dahingehend mindestens bereits seit Oktober 2023 existieren - deutlich vor dem Bekanntwerden bzw. dem eigentlichen, unrühmlichen Treffen in Potsdam, wo man "in privater Runde" u.a. über die Deportation Millionen Deutscher plauderte. Der Thüringer AfD-Landeschef B. Höcke ist der Ansicht, dass dieses Land 20-30% weniger Menschen verkraften kann (das wären bis zu 25 Millionen!). Erst die Berichterstattung darüber riss der AfD die "bürgerliche" Maske vom Gesicht und rief Millionen Menschen zum Protest auf die Straße.
Die Fratze hinter der bürgerlichen Maske - der Karneval persifliert es - Foto: Euronews
Nun ist es mal Zeit für eine Einordnung:
Historischer Hintergrund
Die Einteilung zwischen "links" und "rechts" geht laut Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) auf die Sitzordnung der französischen Abgeordnetenkammer von 1814 zurück, wenn man so will die älteste Demokratie Europas. Vom Präsidenten aus betrachtet, saßen auf der linken Seite die Parteien, die politische und gesellschaftliche Veränderungen anstrebten, also sozusagen die "Gegner" des damaligen Königs. Auf der rechten Seite befanden sich die Parteien, die die Verhältnisse erhalten wollten. Und so finden sich auch heute progressive Parteien beispielsweise "Die Linke", SPD und Grüne im linken Bereich des Bundestags und konservative wie FDP, CDU aber auch AfD im rechten Bereich.
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Halbkreisförmige Anordnung der Parlamente - Foto: Collage |
Da die Einordnung in "rechts" und "links" nur sehr grob ist, sind diese Begriffe umstritten, denn dabei gehen die Meinungen nicht selten auseinander: So kann sich eine Partei selbst als links bezeichnen, die Medien dieselbe Partei aber einer anderen politischen Richtung zuordnen. "Funk" hat dazu auch ein gutes Video veröffentlicht. Trotzdem ist die Einteilung in rechts und links im Alltag sowie in den Medien geläufig. Es gibt Versuche dieses bildhaft darzustellen, zum Beispiel mit dem Hufeisenschema bzw. der Hufeisentheorie (s. Bild oben) oder auch dem zweidimensionalen Konfliktlinienmodell:
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Quelle: BPB |
Teile der nachfolgenden Erläuterungen sind einem Schülerportal entnommen:
Was versteht man unter "links"?
Unter linker Politik wird allgemein die Anstrebung sozialer Gleichheit verstanden. Dabei steht die Freiheit der Allgemeinheit über der individuellen. Mit linken Werten, so fand Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann heraus, verbinden Menschen nicht nur Gleichheit, sondern auch Gerechtigkeit, Formlosigkeit, Wärme, Nähe, Spontaneität, das Internationale und Kosmopolitische und das „Du“.
Was versteht man heute unter "rechts"?
Im Gegensatz dazu geht die politische Rechte von einer Ungleichheit der Menschen aus und befürwortet eine Hierarchie mit traditionellen Werten und Normen. Dabei ist die individuelle Freiheit wichtiger als die soziale Gleichheit. Mit rechten Werten, so Noelle-Neumann, verbinden Menschen neben Betonung der Unterschiede, Distanz, Autorität, Disziplin, geregelte Umgangsformen, das Nationale und das „Sie“.
Und was ist in der Mitte?
Auf einer politischen Achse zwischen den Standpunkten „links“ und „rechts“ liegt die Mitte. Dieser Begriff ist ebenfalls umstritten, da auch er uneinheitlich verwendet wird. Die großen, demokratischen Parteien bzw. Hauptströmungen in Deutschland, die Konservativen und Sozialdemokraten vertreten durch CDU und SPD, ordnen sich selbst häufig der politischen Mitte zu, um andere Parteien entweder links oder rechts von sich einzureihen. Damit möchten sie so viele Menschen wie möglich ansprechen.
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Die "politische Mitte" haben in der Vergangenheit einige für sich proklamiert - Bild: Collage |
Was ist mit "Extremen"?
Linksextreme lehnen die demokratische Ordnung ab und fordern stattdessen ein „herrschaftsfreies“ System. Sie verfolgen komplett gegensätzliche Ziele als Rechtsextreme und bekämpfen diese („Antifaschismus“). Der Linkextremismus basiert auf der Vorstellung, dass das bestehende politische System die Menschen ausbeutet und unterdrückt. So ist das oberste Ziel der Linksextremen, diese „Ausbeutung“ und „Unterdrückung“ zu bekämpfen – mitunter auch mit Gewalt.
Exkurs/Ganz generell: Jegliche Gewalt ist eine Straftat und scharf zu verurteilen! Punkt. Man erinnere sich an den Mordfall Lübcke:
Ein hessischer Rechtsextremist tötete 2019 den Kasseler
Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) vor dessen Wohnhaus mit einem
Revolverschuss aus geringer Entfernung in den Kopf - eine regelrechte Hinrichtung.
Ganz aktuell ist ein mutmaßlicher Brandanschlag in Thüringen
auf das Haus eines SPD-Politikers, welcher jüngst eine Demonstration gegen Rechtsextremismus organisierte. Konkrete Hinweise auf ein politisches Motiv für die Brandstiftung gebe es bislang zwar nicht, allerdings liegt der Verdacht (sehr) nahe.: Parallel gab es auch Angriffe auf SPD-Büros in Suhl, wo Scheiben eingeworfen worden seien. Besonders prikär: Am Tatabend war
betreffende Person gar nicht im Haus, sondern Gäste von ihm, eine vierköpfige Familie. Es hätte
also gänzlich Unbeteiligte getroffen. Es wurden außerdem bereits
Reste von Brandbeschleuniger sichergestellt. Brandstiftung bedeutet, den Tod von Menschen herbeizuführen oder billigend in Kauf zu nehmen. Man erinnere sich ferner an die Razzia gegen die Reichsbürger-Szene
im Dezember 2022, die sich zum Ziel gesetzt haben soll "die bestehende
staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden", möglicherweise auch
"durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche
Repräsentanten" und das nicht nur auf höchster Ebene sondern explizit
auch gegen Kommunalpolitiker_innen. Exkurs Ende.
Nicht wenige bringen dann gerne diesen Aspekt in die Diskussion, wenn mal wieder "rechter Terror" in den Schlagzeilen ist: "Aber der Linksextremismus ist auch nicht ohne!" (s.o. "sogar Grüne sympathisieren mit der Antifa"). Der relevante Unterschied:
Punkt 1: Linksextremistische Taten sind deutlich seltener. Der Verfassungsschutz registrierte für 2022 weniger als 4.000 Fälle linksextremistischer Taten. Demgegenüber standen jedoch mehr als 20.000 rechtsextremistische Taten, mehr als 57 pro Tag!
Punkt 2: Es gibt derzeit keinerlei bedeutende linksextremistische Parteien in Deutschland. Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLDP) kommt bundesweit z.B. auf 2.800 Mitglieder, nur minder mehr hat die Deutsche Kommunistische Partei (DKP). Bei der Bundestagswahl 2021 erhielt die MLPD bundesweit (!) knapp über 20.000 Erst- und 17.000 Zweitstimmen. Bei der DKP sind es etwas sogar nur etwas über 5.000 (Erst-) sowie knapp 15.000 (Zweit-)Stimmen gewesen. Gemessen an den über 46 Mio. abgegebenen gültigen Stimmen insgesamt entsprechen die Erststimmen der MLDP gerade einmal 0,04876% - weniger als ein Hundertstel, um die 5%-Hürde zu überwinden. Zum Vergleich: Die AfD zählt über 40.000 Mitglieder, erzielte 2021 über 10% der Stimmen (sowohl Erst- als auch Zweit-) und steht in Umfragen aktuell bei knapp 17%. Allein die staatlichen Zuschüsse aus diesem Wahlergebnis betrugen 2022 für die AfD rund 10,5 Mio. Euro. Randbemerkung: Die "Heimat" aka NPD, gegen die seinerzeit ein Parteiverbot aufgrund "Bedeutungslosigkeit" scheiterte, hat übrigens 3.000 Mitglieder und erzielte 2021 knapp über 1.000 Erststimmen und rund 64.000 Zweitstimmen (=0,1%). Dies zur Einordnung.
Auch Rechtsextreme wollen die Demokratie abschaffen, aber anders. Für sie ist nur das eigene „Volk“ wichtig. Sie lehnen Ausländer und Andersdenkende ab und sind bereit, mit verbaler und körperlicher Gewalt gegen diese vorzugehen. Sie stellen die Gleichheit aller Menschen in Frage. Um ihr Ziel zu erreichen und Menschen von ihrer Ideologie zu überzeugen, ziehen sie häufig Verschwörungstheorien heran, die an den Faschismus und Nationalsozialismus anknüpfen. Bei rechtsextremistischen Gruppierungen spricht man von Neonazis, also neuen Nationalsozialisten.
Der Nationalsozialismus ist eine
radikal antisemitische, rassistische, ultranationalistische, völkische,
sozialdarwinistische, antikommunistische, antidemokratische und
antipluralistische Ideologie.
Antidemokratische bzw.
demokratiefeindliche Aktivitäten und Propaganda sind solche, die sich
gegen zentrale Prinzipien der Demokratie richten, etwa gegen die
universellen Menschenrechte, vor allem gegen die Gleichheit und
Gleichwertigkeit aller Menschen oder den Minderheitenschutz. Verbreitet
unter Rechtspopulist*innen (welche demokratische Prinzipien aus dem
demokratischen System heraus aufweichen und abschaffen wollen) und
Rechtsextremen (welche Demokratie komplett abschaffen und i.d.R. durch
eine Führer-geleitete Diktatur ersetzen wollen).
Heutige Verwendung
Der Begriff "rechts" wird (aktuell) allgemein verkürzt bzw. zusammenfassend für Rechtsextremismus und -populismus verwendet. Extremisten lehnen die Demokratie ab und wollen den Staat verändern. Vorbild ist i.d.R. wie oben erwähnt der Nationalsozialismus. Korrekterweise müsste es also gegen den "Rechtsextremismus/-populismus" oder vereinfacht zusammengefasst "rechtsaußen" gehen. Mitunter würde man dann sicher auch ein paar CDU- oder FDP-Fahnen auf den Demonstrationen sehen. Wer sich allerdings den Schuh anzieht...
Das Problem bei der AfD: Diese versteht sich selbst lt. Grundsatzprogramm als "Demokraten_innen" und sieht sich in "der bürgerlichen Mitte". Äußerungen diverser Vertreter (ja, es sind fast ausschließlich Männer) dieser Partei sagen hingegen etwas ganz anderes. Der Verfassungsschutz stuft drei Landesverbände der AfD als gesichert rechtsextrem ein, weitere fünf als Verdachtsfall. Bei der Jugendorganisation "JA" sind es vier gesicherte und vier Verdachtsfälle.
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Quelle: Redaktionsnetzwerk Deutschland |
Ein Brandenburger AfD-Abgeordneter forderte jüngst "den Parteienstaat abzuschaffen". Der Begriff "Parteienstaat" stammt aus der Zeit der Weimarer Republik. Er war von Anfang an diffamierend gemeint und als politisches Schlagwort gegen die neu entstandene Parteiendemokratie gerichtet.
Der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats ist ein eigener Abschnitt im Strafgesetzbuch gewidmet. Dies sieht u.a. Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren vor - nicht nur für "Rädelsführer" sondern explizit auch für "Hintermänner". Unter anderem wenn Anhänger ihre Gesinnung oftmals in der Öffentlichkeit demonstrieren. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Verwendung bestimmter Zeichen und Symbole zu. Bei einer Reihe solcher Zeichen und Symbole hat der Gesetzgeber das Zeigen/Verwenden in der Öffentlichkeit unter Strafe gestellt, ebenso wie das Gründen von entsprechenden Parteien und Vereinigungen.
Wer die Demokratie bekämpft oder gegen ihre Grundprinzipien verstößt, handelt verfassungsfeindlich und verstößt somit gegen geltendes Recht.
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Noch einmal: Der Karneval machts (über-)deutlich - Quelle: WDR |
Spätestens (!) nach den jüngsten Entwicklungen und allen damit hervorgebrachten Erkenntnissen kann NIEMAND mehr reinen Gewissens Mitglied dieser Partei sein oder auch nur sein Kreuz dort setzen und hinterher sagen "Das wusste ich ja gar nicht" oder "Das konnte ja niemand ahnen!".
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