Es gab eine Weile den prominenten Satz "Ist das noch Wetter oder ist es schon Klima?". Nunja, der Satz ist so nicht ganz richtig, aber er stellt im Kern die richtige Frage: Ist das, was da draußen passiert nur eine (saisonale) Kapriole des Wetters oder hat es (schon) mit der Veränderung des Klimas zu tun? Und die Antwort lautet ganz klar: Letzteres!
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Die Wahl zwischen den Extremen betrifft uns auch hierzulande - Karikatur: Tjeerd Royaards |
Fakt ist: Ja, auch früher gab es extrem heiße Sommer und auch früher gab es mal ordentliche Sommergewitter. Und selbstverständlich gilt das für alle (anderen) Jahreszeiten: Auch im Winter gab es immer mal Jahre, wo ordentlich Schnee gefallen ist und andere, wo wir bei sieben Grad und NIeselregen Geschenke unterm Baum ausgepackt haben. Der entscheidende Unterschied sind die Extreme bzw. das Aufkommen in immer kürzeren Abständen. Wenn wir damals beispielsweise von "Jahrhundert-Hochwasser" gesprochen haben, dann meinte das ein Hochwasser mit Pegelständen, wie sie (grob) alle hundert Jahre vorkommen, also äußerst selten. Gefühlt gibt es sowas mittlerweile mindestens jedes Jahrzehnt einmal (für eine bestimmte Region) oder sogar noch häufiger. In Hamburg sprach man jüngst gar angesichts der gewaltigen Regenmengen und der statistischen Seltenheit sogar von einem „Jahrtausendregen“ und warnt gleichzeitig vor einem kurz bevorstehenden noch heftigerem Regenguss, bei dem punktuell bis zu 70 Liter pro Quadratmeter vom Himmel kommen können.
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Diverse Unwetter-Videos auf Instagram |
Die sozialen Medien sind derzeit voll von (Kurz-)Videos, die starke Regenfälle oder Unwetter zeigen, verbunden mit der Überschrift "Mailand, Sommer 2024" oder "Madrid, Juni 2024". Zu sehen sind heftige Regengüsse und Winde, die Mülltonnen oder ganze Stahlgerüste davonwehen. Oder es ist ein Campingplatz am Gardasee zu sehen, der völlig überschwemmt ist. Dass wir in Deutschland auch schöne Gewitter haben, kennen wir ja eigentlich. Aber wer die Fußballspiele der EM gesehen hat, stellt fest: Verhältnismäßig viele Spiele fanden bei Regen, bzw. Starkregen statt oder gar während eines derartigen Gewitters, dass das Spiel unterbrochen werden musste.
Ja, so ist das heute. Es gibt Jahre, da untersagen die Kommunen aufgrund der akuten Hitze und der drohenden Wasserknappheit Pools zu befüllen. Da ist in Italien (Achtung Wortspiel) der Po völlig ausgetrocknet, sodass man überlegt, Wasser aus dem Gardasee abzulassen. In Spanien macht man sich Sorgen um das Gemüse. Und in anderen Jahren weiß man nicht wohin mit den Wassermassen. Wir werden mehr von diesen Extremen bekommen. Das ist die Quittung für jahrzehntelange Ignoranz.
- Vor zwei Jahrhunderten wird der Treibhauseffekt entdeckt
- Kohlendioxid als Treibhausgas ist seit den 1850er-Jahren bekannt
- 1896: Der Mensch erhöht den CO2-Gehalt in der Atmosphäre
- 1941: Erste Warnungen vor der Klimaveränderung
- Ab 1960: Immer mehr Daten und neue Technik liefern erste Klima-Modelle
- 1971: Die erste große Warnung vor irreversiblen Folgen
- 1979: Die erste Weltklimakonferenz
- 1985: Die DPG warnt erneut - Jetzt muss begonnen werden!
- 1986: Die Klimakatastrophe erreicht die Medien
- Ab 1987: Politische Gremien zum Klimaschutz
- 2007: Der Klimawandel wird offiziell
Und dann stellt sich Bayerns Ministerpräsident Söder im Jahre 2024 in das Hochwassergebiet und sagt: Man habe damit nicht rechnen können. Bereits 2019 hat es Prof. Dr. Maja Göpel so dermaßen auf den Punkt gebracht, dass es eigentlich jeder hätte verstehen müssen. Frau Prof. Dr. Göpel ist eine Politökonomin, Transformationsforscherin, Nachhaltigkeitsexpertin und Gesellschaftswissenschaftlerin mit Schwerpunkt auf transdisziplinärem Denken. Sie hat in dieser legendären Pressekonferenz das Thema Kipppunkte so beschrieben, dass es bereits vor fünf Jahren jedem ein Warnsignal hätte sein müssen. Von den Top 6 der globalen Risiken sind fünf ökologisch und das sechste sind Massenvernichtungswaffen.
Rudi Carrell sang 1975 bekannterweise: "Wir brauchten früher keine große Reise - Wir wurden braun auf Borkum und auf Sylt" und "Ja, früher gab's noch hitzefrei - Das Freibad war schon auf im Mai". Tja heutzutage hälst du es bei Temperaturen um die 40°C am Mittelmeer auch kaum aus und auf Borkum oder Sylt (wenn man es sich leisten kann) hast du heute normal die Temperaturen, welche du früher in Spanien oder Italien hattest. "Da hatten wir noch Sonnenbrand" heißt es weiter im Lied. Ja den hast du heute schneller, als dir lieb ist. Nach kurzer Zeit und dafür muss das Thermometer nicht mal groß über 25°C steigen - kurz draußen Rasen gemäht oder das Auto sauber gemacht (und dafür eben nicht großartig eingecremt): Zack, Pelle rot! Früher gab es Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 4, 6 oder 10. Empfindliche Menschen kommen heute kaum noch ohne "50+" aus, normal ist im Grunde 20. Beinahe schon regelmäßig wird vor übermäßiger UV-Belastung gewarnt. Und kaum klettern die Temperaturen gen oder gar über 30°C, heulen die Einsatzwagen durch die Stadt, weil diverse Mitmenschen Probleme mit dem Kreislauf haben. Das ist auch mit dem Missanagement bei der Stadtplanung vieler Kommunen zu verdanken, die in der Vergangenheit auf Beton, Stahl sowie Glas gesetzt haben und sehr wenig Grün/Holz.
"Wann wird's Mal wieder richtig Sommer? - Ein Sommer, wie er früher einmal war?". Die Frage muss man wohl mit einem klaren "nie mehr" beantworten.
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