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Postbank - ist das Kunst oder kann das weg?

Wenn man hin und wieder Nachrichten liest, dann kommen sie, in schönen regelmäßigen Abständen: Neuigkeiten über die Postbank:

  • Kahlschlag im Kreis Esslingen: Postbank schließt Filialen
  • Postbank zieht in Bochum die Reißleine - Kunden stöhnen: "Unglaublich"
  • Post in Eberswalde: Keine Pakete und Briefe in der Postbank - was nun?
  • Änderung beim Geld abheben - Aus für beliebte Funktion
  • und... und... und...

Als die Postbank noch etwas mit der Post zu tun hatte - Foto: Netzfund

Ganz ehrlich? Warum regen sich die Leute, insbesondere die Kunden darüber auf? Ja sicher, weil sie vielleicht ein Konto dort haben. Aber mal ehrlich: Werden die dazu gezwungen? Hab ich etwas nicht mitbekommen und alle anderen Banken und Sparkassen in diesem Land wurden verboten? Mehr als 1.400 Kreditinstitute einfach so... weg? Mitneffen, äh -nichten. Also, was hält Euch bei dieser einen Bank, die immer nur mit Negativ-Schlagzeilen in den Nachrichten zu finden ist?

Ein kurzer historischer Rückblick: Die Postbank ging in der zweiten Postreform von 1994 mit dem Poststrukturgesetz als eines von drei Unternehmen aus der Privatisierung der Deutschen Bundespost hervor, einem vormaligen nicht rechtsfähigen Sondervermögen des Bundes. Als Deutsche Postbank AG war sie Rechtsnachfolgerin des im Rahmen der ersten Postreform von 1989 aus den Postgiro- und Postsparkassenämtern gebildeten staatlichen Unternehmens "Deutsche Bundespost Postbank". Wir erinnern uns einmal kurz: Das war der Verein der für "Bildschirmtext", kurz BTX, verantwortlich war. Nein, nicht BMX, das war was mit Fahrrad. BTX war in etwa so anspruchsvoll wie Videotext, nur dass man mittels einer DFÜ (Datenfernübertragung) Bankgeschäfte von zu Hause aus tätigen konnte. Potzblitz! Die 1980er hatten es aber echt faustdick hinter den Ohren mit ihren Innovationen.

Von 2009 bis 2015 wurde die Postbank nach und nach von der Deutschen Bank übernommen und 2018 auf die DB Privat- und Firmenkundenbank verschmolzen, die ihrerseits am 15. Mai 2020 in der Deutsche Bank AG aufging, die damit auch durch Verordnung zum Postnachfolgeunternehmen wurde. Sie galt bis zur Verschmelzung auf die Deutsche Bank als Hausbank der Deutsche Post AG.

Karikatur: Harm Bengen

Also: "Post" ist bei der Postbank nur noch der Name. Das begründet auch, warum man in immer weniger Postbanken, die mehr und mehr den Zusatz "Finanzberatung" trugen, Briefmarken kaufen oder Pakete abgeben konnte. Das funktionierte nämlich nur übergangsweise, als die Postbanken lediglich "der alten Zeiten willen" sogenannte "postnahe Dienstleistungen" angeboten haben. Aber mal ehrlich: Wer außer Tante Hilde und Oppa Herrmann braucht denn noch die Postbank? Seinerzeit gab es dort so tolle Produkte wie das DAX-Sparbuch - mein Schwiegervater besaß so ein Ding und ich musste ihm regelmäßig "die Kurse" aus dem Internet ausdrucken und zufaxen! Kein Scherz, Alter. Und auch sonst hast du immer solche oder ähnlichen Begegnungen gehabt, wenn du in der Filiale mit "postnahen Dienstleistungen" noch dein Paket abholen mussest und vor dir in der Schlange Oma Gertrud rankam um die handgeschriebenen Überweisungsträger einzeln abstempeln zu lassen, sich jemand vom Sparbuch 3,72 Euro auszahlen ließ oder weiß-Gott-nicht-für-eine-Nichtigkeit erledigte.

Apropos: Das Postsparbuch! Das war damals (Vati erzählt wieder vom Krieg) noch beinahe so etwas wie eine echte Innovation. So wurde einmal Freiheit unter jungen Leuten in den 1980ern buchstabiert: Das Interrail-Ticket für die Fahrt mit der Eisenbahn kreuz und quer durch Europa in der Hemdtasche und im abgewetzten Rucksack, gut versteckt, das Postsparbuch. Es ermöglichte nämlich - lange vor der Euro-Einführung - im Ausland kostengünstig an Lira, Peseten oder Drachmen zu kommen. Man musste einfach nur in ein lokales Postamt, dann Sprachbarrieren (mündlich und/oder schriftlich) überwinden und konnte sich dann Geld (im Ausland) von seinem Sparbuch auszahlen lassen. Ja-Ha! Lange bevor man überall mittels EC-Karte zahlen konnte oder eine Kreditkarte beliebiges Accessoire für Jedermann/-frau wurde. Irgendwann jedoch wurde aus dem Sparbuch die Sparcard, dann wurden die kostenlosen Abhebungen von zehn auf vier pro Jahr reduziert und 2021 schließlich komplett eingestellt und satte 5,99 Euro pro Abhebung verlangt.

By the way: Mit der Auszahlung seiner Pensionsansprüche in Höhe von satten 20 Millionen Euro hat der frühere Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, 2009 heftige Kritik ausgelöst. Passend zur damaligen Werbekampagne hatte man dann schnell das passende Bild kreiert:

Quelle: Titanic

Wo man also auch hinblickt: Es ist nicht alles Gelb, äh Geld, nein Gold was glänzt bei der Postbank. Eigentlich ist sie nirgends, also wirklich nirgendwo "geil".

Da mochte man zurufen: Willkommen in der faszinierenden Welt der Postbank, wo allein das Warten auf eine Antwort bzw. einen Termin zur Kunstform erhoben wurde und die Kundenberatung ein interaktives Theaterstück ist! Hier wird jeder Besuch zu einem Abenteuer, das selbst Indiana Jones vor Neid erblassen lässt.

Man stelle sich vor: Man betritt eine Filiale, und sofort wird man von einem freundlichen Mitarbeiter begrüßt, der mit einem Lächeln sagt: „Bitte nehmen Sie Platz – wir haben heute nur (!) 45 Minuten Wartezeit.“ Ein wahrhaft magischer Moment, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Während man auf den Termin wartet, kann man die neuesten Ausgaben von „Warten auf Godot“ und „Die Kunst des Nichtstuns“ studieren.

Und dann, nach gefühlten Ewigkeiten, ist es endlich soweit! Der Name wird aufgerufen und man tritt ein in das heilige Büro, wo die Geheimnisse der Finanzwelt gelüftet werden. Der Berater, ein Meister der Verwirrung, erklärt in einem Satz, der länger ist als die Wartezeit, warum das Konto überzogen ist – und das, obwohl man nur eine Tafel Dubai-Schokolade gekauft hat. „Das liegt an der dynamischen Zinsanpassung in Verbindung mit der globalen Marktentwicklung“, sagt er, während man versucht, den Zusammenhang zwischen besagter Schokolade und der Weltwirtschaft zu verstehen.

Die Postbank hat auch ein ganz eigenes System für Online-Banking entwickelt. Es ist so sicher, dass selbst die besten Hacker der Welt aufgegeben haben. Um sich einzuloggen, muss man nicht nur das Passwort eingeben, sondern auch den Namen des ersten Haustiers, das Geburtsdatum der Großmutter und die Farbe der ersten eigenen Zahnbürste. Und wenn man das alles richtig gemacht hat, darf man sich auf eine Seite freuen, die aussieht, als wäre sie direkt aus den 90ern importiert worden. Nostalgie pur!

Und vergessen wir nicht die App! Die Postbank-App ist wie ein Überraschungsei: Man weiß nie, was man bekommt. Mal funktioniert sie, mal nicht. Manchmal zeigt sie einem den Kontostand von 2015 an, und manchmal ist sie einfach nur ein schwarzes Loch, in welches die eigene Geduld verschwindet. Aber hey, das ist alles Teil des Abenteuers!

Verdammt nochmal: Wie deutlich sollen die euch denn noch sagen "WIR WOLLEN EUCH NICHT! WECHSELT ZU EINER VERNÜNFTIGEN BANK!". Herrgott! 

Jüngst wurde eine Nachricht veröffentlicht: Bis Mitte 2026 sollen 230 der 550 Postbank-Filialen schließen. Die Postbank will die Digitalisierung vorantreiben. Darum soll es demnächst ein Online-Konto ohne Kontoführungsgebühren geben. Weitere Neuerungen sind geplant. Dadurch möchte die Postbank "viele Neukunden" gewinnen. Zuletzt hatte es demnach 2016 ein kostenfreies Konto bei der Postbank gegeben. Voraussetzung damals war ein Geldeingang von 1.000 Euro pro Monat. Na dann man tau....

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