Direkt zum Hauptbereich

Hamstern (Vorsorge) ist gut - (übertriebenes) horten ist asozial

Vorwarnung: Der heutige Blog-Beitrag wird von der Thematik bzw. dem Inhalt her ein wenig wirr, aber ich hoffe, dass es gerade noch geht...
 
Wer erinnert sich noch? 2016 riet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe dazu, sich für den Ernstfall vorzubereiten bzw. zu bevorraten. Was ein "Ernstfall" sein kann? Nun, die Starkregenfälle, die im Juli 2021 in mehreren Regionen Deutschlands verheerende Sturzfluten und Überschwemmungen verursachten, die Corona-Pandemie mit ihren internationalen Auswirkungen seit 2020, 2018 der Orkan "Friederike", der Stromleitungen beschädigte und bis zu 140.000 Menschen über Stunden bis wenige Tage von der Stromversorgung abschnitt - diese Ereignisse sind nur einige "banalere" Beispiele für Notsituationen, die in Deutschland in den letzten Jahren eingetreten sind. Und nicht wenige Schwurbler werden nun eins und eins zusammenzählen und sagen "Die haben das 2016 schon alles gewusst/geplant!". Jaa, nee iss klar.
 
Der Hamster, für's "hamstern" bekannt - Foto: Pixabay
 
Nun haben wir seit über drei Jahren einen Krieg mitten in Europa und im russischen Staatsfernsehen spielen die dortigen Hetzer mit Grafiken, wie schnell eine Atomrakete Berlin, Paris oder London treffen könnte. Sicher ist das dort übelste Propaganda. Aber: Selbst ein britischer Politik-Experte bezeichnet die Gefahr eines nuklearen Atomschlags als "äußerst real" und vergleicht Putin mit einer in die Enge getriebenen Ratte, welche unberechenbar reagieren könnte. Er bezog sich dabei auf eine Geschichte, die Wladimir Putin selbst einmal erzählt haben soll. Demnach soll Putin als Schuljunge im Keller seiner Eltern einmal eine Ratte in die Enge getriebenen und mit einem Stock gepiesackt haben. Die Ratte geriet völlig in Panik, sprang auf und biss ihn in den Hals... hätte sie mal fester zugebissen, wäre uns einiges erspart geblieben. Anderes Thema.

In 200 Sekunden Europa auslöschen - Screenshot russisches Fernsehen - Quelle: Watson

Nun ist das Atomschlag-Szenario sicherlich schon etwas hoch gegriffen. Immerhin würde ein Angriff auf ein NATO-Land formell den Bündnisfall auslösen und eine entsprechende Antwort als Reaktion zur Folge haben, also sehr vermutlich ebenfalls Atomraketen auf Russland, wo wir aber auch ganz nah an der vollständigen Vernichtung der Menschheit wären - immerhin zählen die fünf offiziellen Atommächte der Welt insgesamt nicht weniger als knapp 11.000 Atomsprengköpfe, davon knapp ein Viertel derzeit aktiv. Albert Einstein soll das Zitat zugeschrieben werden "Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie (wieder) mit Stöcken und Steinen kämpfen." (wahlweise auch Pfeil und Bogen). Der Bündnisfall, welcher besagt: Wird ein NATO-Land angegriffen, wird dies als Angriff auf das gesamte Bündnis verstanden, was eine gemeinsame Verteidigung hervorrufen wurde. Gleichwohl ein orangehaariger Clown am anderen Ende des großen Teichs, manchem Bündnispartner die Unterstützung versagen würde, wäre er (erneut) Präsident. Ja er würde Russland/Putin sogar ermutigen, mit diesen Ländern zu machen, "was auch immer zur Hölle sie wollen". 
 
Okay, die Amerikaner_innen haben im Herbst 2024 in "Britney Spears"-Manier gesagt "Oops, I did it again!". Bleibt zu hoffen, dass in Russland die Atomraketen-Phantasien weiter lautes Säbelrasseln und viel heiße Luft, in den Köpfen alter, weißer Männer mit wirren Großmachtsphantasien bleiben. Viel wahrscheinlicher wären beispielsweise Cyberangriffe auf z.B. die (soziale) Infrastruktur. Nach Google-Angaben haben sich russische Cyberangriffe auf NATO-Staaten 2022 im Vergleich zu 2020 vervierfacht. Wenn das Land lahmgelegt wäre, das normale, tägliche Leben ins Stottern gerät, dann wird ganz besonders heute vielerorten der Ruf laut "Da muss der Staat doch was machen!". Ja, das würde er auch sicher, doch bis das alles anläuft, in einem Land mit über 83 Millionen Einwohner_innen und 357.000 km² Fläche, von Flensburg bis nach Garmisch, von Aachen bis Görlitz, braucht es ein paar Tage...

"Das staatliche Hilfeleistungssystem greift in solchen Situationen und bietet Unterstützung. Aber auch die beste Hilfe ist nicht immer sofort zur Stelle. Bei großflächigen Schadenslagen können die Rettungskräfte nicht überall gleichzeitig sein. Wer vorbereitet ist, kann sich selbst, Angehörigen und Nachbarn helfen, bis die staatliche Hilfe eintrifft und Schäden mit Schutzmaßnahmen reduzieren." so das BKK auf seiner Webseite. Und für solche Fälle vorbereitet zu sein, darum geht es (primär).
 
Es ist schon wieder ein wenig aus der medialen Präsenz verschwunden... doch es lohnt sich, mit etwas Abstand nochmal etwas genauer darüber nachzudenken: Für die einen war der Aufruf zur Bevorratung ("Hamsterkäufe") reine Panikmache, manche redeten von einer mutmaßlichen "existenzbedrohenden Entwicklung" (andere nur von "schlechtem Timing"), ganz andere gar von einem plumpen, versteckten Ankurbeln der Wirtschaft. Wahr ist: Ein Konzept für den Zivilschutz gibt es bereits seit den 1960er Jahren, es wurde immer mal wieder angepasst und aufgefrischt - zuvor in den 1990er Jahren. Und da sich die Welt in den rund 25 Jahren danach erheblich weitergedreht hat, war es nur sinnvoll und richtig, dass es 2016 erneut ANGEPASST wurde. Nicht mehr, nicht weniger.
 
Hintergrund: Die (Zitat) "wachsende Verwundbarkeit unserer Infrastruktur" (Zitatende) zeige, dass es vielfältige Angriffsmöglichkeiten gebe, sagte der damalige Innenminister Thomas-"Teile meiner Antwort könnten die Bevölkerung verunsichern"-de Maizière vor rund acht Jahren. In seinen Augen sei ein (Zitat) "regionaler dauerhafter Stromausfall das realistischste Szenario" (Zitatende). Hmmm... mal einen Moment darüber nachdenken... unwahrscheinlich mag mancher sagen? Deutschland hat ein stabiles Netz sagen andere? Beispiel gefällig?
Es ist schon fast 20 Jahre her: Nach heftigen Schneefällen ereignete sich im Jahre 2005 im Norden Nordrhein-Westfalens sowie in Teilen Südwest-Niedersachsens (also nicht einmal Harz oder gar "Alpennähe") einer der größten Stromausfälle in der Geschichte der Bundesrepublik. Besonders betroffen war das westliche Münsterland mit den Kreisen Borken, Coesfeld und Steinfurt. Von rund 250.000 betroffenen Menschen waren viele bis zu drei Tage lang völlig ohne Strom, einzelne Ortschaftsteile über fünf Tage, bis sie mit Notstromaggregaten versorgt oder provisorisch wieder an das Stromnetz angeschlossen werden konnten.
Und jüngst hat es praktisch ganz Spanien (und Portugal) erwischt. Über mehrere Stunden. Endzeit-Stimmung auf Probe. Irgendwann waren ganz schnell Brot und Wasser ausverkauft. Auf der anderen Seite muss man den Spanier_innen zugute halten, dass sie mit ihrem südländischen, entspannten Lebensgefühl sehr locker mit der Situation umgingen: Man traf sich im Freien, hat gechillt, sich solidarisch mit Eisverkäufern gezeigt und die Ware abgekauft, bevor sie (ohne Kühlung) schmolz. Man machte Musik, nahm es gelassen. Respekt
 
Wer denkt, drei oder fünf Tage seien ja "nicht so schlimm", einfach mal logisch nachdenken:
Ganz banal bereits der Tagesbeginn: Kein Wecker am Morgen, es sei denn er ist Batterie-betrieben oder mechanisch - hat jemand überhaupt noch so ein altmodisches "Tick-Tack-Tick-Tack"? Das Wasser in der Dusche bleibt kalt (ja, auch eine Heizung benötigt Strom - auch eine Gas- oder Ölheizung!), vom Licht ganz zu schweigen - also immer schön mit Taschenlampe (habt ihr ausreichend Batterien im Haus?) oder Kerze durchs Haus. Kein Kaffeekochen, kein Internet, kein Fernsehen, auch das Radio bleibt nur noch, wenn es Batterien hat - wer nennt so etwas noch sein Eigen? Los, Hand hoch. Die Fahrt zur Arbeit (wenn überhaupt möglich/sinnvoll - welcher Arbeitsplatz braucht keinerlei Strom?) wird abenteuerlich, da alle Ampeln/Signale ausgefallen sein werden. 

Thema Kommunikation: Das Mobilfunknetz wird durch ausgefallene Mobilfunksender bzw. spätestens durch die angestiegene Nutzung zusammenbrechen, weil kaum noch Festnetz-Telefone funktionieren. Analog-Geräte, welche nur mit einem TAE-Stecker angeschlossen werden, vielleicht ja, doch jedes moderne Telefon mit zusätzlichem Stromstecker hat Funkstille. Außerdem funktioniert vieles heute nur noch in Verbindung mit dem Router über VoIP. Der Effekt wird aber auch nur kurz andauern, da viele Smartphones nach einem Tag ohne Aufladung bereits leer sein dürften. Kurzes Zwischenfazit: Die allgemeine Kommunikation dürfte also praktisch komplett zum Erliegen kommen (keine E-Mails/kein Internet, keine Telefonate, kein Fernsehen) - nur das Radio bleibt vielleicht noch, solange der Sender über Notstrom verfügt.
Nachts sind ohne Strom nicht nur die Katzen grau - Grafik: Pixabay

Thema Versorgung: Auch die Küche bleibt kalt (E-Herd, Mikrowelle, nichts wird funktionieren), ja Ihr könnt Euch nicht mal mit dem Wasserkocher eine Fünf-Minuten-Terrine zubereiten. Lebensmittel in Kühl- und Gefrierschrank werden über kurz oder lang verderben (es sei denn es ist Winter und kalt genug, dann könnt Ihr sie nach draußen auslagern). Wenn die Dunkelheit hereinbricht, schaffen wie erwähnt nur Taschenlampen oder Kerzen Licht. Wer keinen Kamin hat, muss sich ggf. warm anziehen (oder im Sommer - mangels Klimaanlage - schwitzen). Auch der Zahlungsverkehr wird schwierig: Kein Bares aus Geldautomaten (wie viel Bargeld habt Ihr so in der Tasche/"auf Vorrat" und wie lange glaubt Ihr wird das reichen?) und in Supermärkten ohne Notstromaggregat wird ohne Kasse und Kühlung kaum etwas laufen, nicht mal die elektrischen Schiebetüren. 
Thema Mobilität: Keine Straßenbahnen fahren. Auch das Tanken wird nicht funktionieren - ohne Strom funktionieren die Pumpen nicht, welche den Treibstoff aus den unterirdischen Tanks in die Zapfsäulen leiten. Ohne Benzin, keine Zulieferungen - die noch offenen Supermärkte dürften binnen weniger Tage, wenn nicht sogar Stunden leergekauft sein (manche normalen Angebote sind es normal ja bereits jetzt schon Montags um 10 Uhr, wenn am Wochenende der Prospekt im Briefkasten war). Quatsch? Nein, moderne Realität: Heutzutage erhalten Supermärkte mehrmals die Woche Warenlieferungen, denn auch aufgrund der Immobilienpreise nennt kaum noch ein Supermarkt ein größeres Lager sein Eigen. Wenn der Markt in Eurer Nähe die nächste Lieferung erhält, achtet mal drauf, wo die Waren stehen... in den Gängen! Und wir erinnern uns: Ohne Treibstoff, kein LKW, kein Nachschub. Es wird sich also im Ernstfall vermutlich nur um Stunden handeln, bis sich Menschen verzweifelt auf den letzten Dosenfisch und Zwieback stürzen. 
Thema Nahrung: Zu Hause sieht es häufig nicht viel anders aus... unsere Großeltern hatten stets eine gut bestückte Speisekammer oder auch viel Eingemachtes im Keller - die verstanden noch das Thema "haltbar machen", einfach aufgrund der (bitteren) Erfahrung, die sie in ihrer Kindheit machen mussten. In modernen Haushalten finden sich bestenfalls ein paar Tütensuppen und irgendwelche Fancy-Foods, die man einmal für irgendwelche trendy Rezepte brauchte und auch genau nur für dieses eine Rezept braucht man dieses sündhaft teure Lemongrass-Gewürz aus dem Spezial-Versand. Macht doch einmal den Selbstcheck und schaut in die Küchenschränke. Was könntet ihr davon zu etwas Schmackhaftem zusammenrühren und vor allem: Wie lange? Meist ist die Erkenntnis ernüchternd. Wir haben dutzende von Tüten mit allem Möglichen, was man irgendwann mal meinte ausprobieren zu müssen: Die Reste von der damaligen Kritharaki-Pfanne, eine halbe Packung des Pseudo-Getreides Quinoa, aber was machen wir damit? Das Meiste davon ist untereinander vollkommen inkompatibel.

Ich hör' sie schon die Kritiker: "Kein Problem, geh' ich halt ins Restaurant oder lass mir eine Pizza liefern"? Wie erreichen (irgendwann ist der Tank eures Autos leer), wie zubereiten (praktisch alles in der Küche benötigt Strom), wie bezahlen (ihr bekommt kein Geld am Bankautomaten und Kartenzahlung funktioniert nicht) sofern überhaupt geöffnet - s. Problem wie im Supermarkt?! 
 
Thema Hygiene: Bei längerem Stromverzicht fallen auch Trinkwasseraufbereitung und Abwasserentsorgung mit Pumpen aus (oder was meint Ihr, wie das Wasser zu Eurer Wohnung/Bad im dritten Stock kommt?) - der Wasserhahn versiegt, der Toilettengang wird zum Problem.  
Thema Sicherheit: Alarmanlagen, Feuermelder, Warnlichter für den Flugverkehr... ohne Akkus/Notstromsysteme alles tot.
 
Das sind nur einige, hoffentlich leicht nachvollziehbare, Beispiele. Wer das Ganze üben möchte, sollte einfach mal ein Wochenende in freier Wildbahn zelten gehen (Feuermachen gerne auch mal auf die altmodische Weise üben, oder wie viele Feuerzeuge und Streichhölzer habt ihr so zu Hause? Wie lange werden die reichen?) und ihr bekommt einen relativ realistischen Vergleich. Wem dabei langweilig wird (gibt ja kein Fernsehen) der kann mal ein Buch lesen (ein richtiges, aus Papier, kein e-Book): Der Roman "Blackout" von Marc Elsberg sei hier nebenbei empfohlen (passt thematisch).

Zwischenfazit: Ein (längerer) Stromausfall würde unsere moderne Welt heftig treffen und wie beim "Domino Day" wird eine Kettenreaktion ausgelöst. Darum: Vorbereitet sein, hat noch nie geschadet und ist alles andere als übertrieben/unsinnig. Zusätzliches Wissen am Rande: Das erwähnte, 2016 aktualisierte Konzept zur "zivilen Verteidigung" wurde übrigens einen Tag vor dem "Tag der Konservendose" (Peter Durand patientierte diese am 25.08.1810) vorgestellt. Zusätzliches unnützes Wissen: Der Dosenöffner wurde erst knapp 60 Jahre nach der Konservendose entwickelt.

Alles unrealistisch? Menschen sind vernünftig, zivilisiert, intelligent? Ein (!) Mensch ist intelligent, aber ein Haufen Menschen kann sich rasant in hysterische, gefährliche Tiere verwandeln. In Berlin-Kreuzberg fiel 2015 der Strom nur für ein paar Stunden am Abend aus. Es wurden mehrere Geschäfte geplündert, es gab Massenschlägereien. Nicht in Indien oder Südafrika. In Berlin! Und nicht nach zwei Tagen oder einer Woche. Nach nur einigen Stunden!! Es liegt in der Natur des Menschen vernünftig (für sich) zu denken und unvernünftig (im Kollektiv) zu handeln - eine Masse ist nicht zugänglich für Vernunft.
 
Dürfte ich bitte eure Haushalte sehen? Stichwort "haushaltsübliche Mengen" - Bild: Collage

Zurück zum Hamster(n) wie wir gerne umgangssprachlich sagen. Warum? Charakteristisch für die putzigen Tiere sind die innen liegenden Backentaschen, welche entlang des Unterkiefers verlaufen und bis zu den Schultern reichen. Dies ermöglicht die Vergrößerung der Taschen, wenn Nahrung aufgenommen wird. Damit das Tier also nicht so oft laufen muss, stopft es sich die Backen voll, um möglichst effektiv die Nahrung in seine Vorratskammer zu bringen. Hat ja keinen Mini-Rucksack o.ä. der kleine Kerl.
 
Mal ganz nebenbei: Ist schon mal aufgefallen, dass "horten" nicht nur bedeutet, Dinge über den Eigenbedarf bzw. die zum Ausgleich schwankender Verfügbarkeit (jahreszeitlich bedingte Ernte, saisonale Verfügbarkeit) nötige Speicherung hinausgehend zu bevorraten... "Horten" war auch mal ein Warenhauskonzern, hatte aber mehr was mit dem Namen des Gründers zu tun. Aber das nur am Rande. Eng verwandt ist übrigens auch "FoMO" - die Angst etwas zu verpassen ("Fear of Missing Out") - dazu unten mehr.

Der Hamster hamstert die warme Jahreszeit über (saisonale Verfügbarkeit) Vorräte für den Winter. Er möchte in der kargen Winterzeit nicht hungern. Nachvollziehbar. Nicht so wie das verpeilte Eichhörnchen, welches seine Vorräte vergräbt und später nicht (alles) wiederfindet. Gleichwohl es beim Hamster einzelne Exemplare auch übertreiben können: Man hat in einer Vorratshöhle ganze 90kg Pflanzenmaterial gefunden, welches ein einzelner Hamster zusammengetragen haben soll. Das ist mehr als das 300fache, was ein Feldhamster selbst auf die Waage bringt. Da kann man dann schon vom "horten" (etwas in - sehr - großer Menge ansammeln) oder umgangssprachlich auch vom "bunkern" reden, also (ein-)lagern, über den eigentlichen Bedarf hinaus. Motto: "Haben" ist besser als "brauchen".

So erlebten wir es besonders ausgeprägt während der Pandemie, als in vielen Geschäften bestimmte Dinge nicht mehr verfügbar waren. Wenn man dem Kind eigentlich gerne einen Kuchen zum Geburtstag backen wollte, aber kein Mehl mehr dafür bekam. Oder es gab nur noch ein Kilo "Luxus-Mehl" für 4,29 Euro. Aus Dinkel. Was ebenso verächtlich im Regal liegenblieb, wie Dinkel-Nudeln. Beim Öl verhielt es sich ähnlich... in nicht wenigen Geschäften wurden stolze Preise verlangt - auch um die Nachfrage im Zaum zu halten. Aktuell hat sich der Preis für Olivenöl verdoppelt, allerdings weniger wegen zu hoher Nachfrage, sondern aufgrund von Trockenheit und Ernteausfällen. Nicht wenige mussten sich damals jedoch fragen: Wenn mir in der Küche eine Flasche Sonnenblumenöl runterfällt, ist das dann nun ein Fall für die Hausrat-Versicherung?
Ein Kilo Mehl für 4,29€ - Screenshot Rewe Online-Shop

Weiter im Text: Als alle seinerzeit im "Lockdown" saßen, deckte sich die halbe Nation mit Nudeln und Klopapier ein. Vermutlich werden nicht wenige heute immer noch von den Vorräten zehren. Verwunderlich, dass es bei Nudelsoßen kaum spürbaren Engpass gab - haben die die Nudeln alle "natur" gefressen? Ich denke, es gibt noch keine validen Statistiken für Fehlernährung mit Kohlehydraten. Haben die beides kombiniert und "Spaghetti Klopapieronara" gekocht? Oder einfach doch nach und nach, bei Bedarf ein Nudelsößchen in den Einkaufswagen gelegt? Man weiß es nicht. Und überhaupt: Was bringt denn Mehl allein? Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben genau die Leute, die keine Sauce für die Nudeln gekauft haben, auch beim Mehl keine (Trocken-)Hefe mitgekauft, um aus dem Mehl wenigstens auch ansatzweise Brot machen zu können, oder (Trocken-)Ei für Kuchen, denn wenn man kein Brot hat, soll man ja bekanntlich... ach, lassen wir das.

Klopapier und Mehl sind zwei Beispiele für das unbedachte Bevorraten. Man sollte zu Hause haben, was man eh verzehrt und das für einen Zeitraum von zehn, besser 14 Tagen. Eine Liste, was Sinn macht in den "lebenden Vorrat" zu stellen, hat das BKK zusammengestellt.

Wir halten einfach ganz kurz als (weiteres) Zwischenfazit fest: Einen gewissen Vorrat zu Hause zu haben ist nicht verkehrt. Man kann dann einkaufen, wenn die Dinge günstig sind, zehrt dann von seinem Vorrat und kauft nach, wenn sie wieder im Angebot sind. Man profitiert also sowohl in Normal- als auch Krisenzeiten davon. ABER!
 
Das Hamstern oder Hortung ab einem gewissen Grad asozial ist, lässt sich an folgendem Beispiel sehr gut demonstrieren: Sollte in der jüngeren Vergangenheit irgendwo eine Playstation 5 (PS5) auch nur ansatzweise verfügbar gewesen sein, so konnte man sichergehen, dass dies sogar eine Nachrichten-Schlagzeile wert war. Nein, im Ernst - Meldungen wie "PS5 kaufen - lokaler Nachschub bei Conrad-Händler" waren durchaus häufig zu finden im Nachrichten-Überblick von z.B. Google News.
Was spielt(e) sich hier zur Hochphase vor einigen Jahren ab? Sogenannte Scammer oder Scalper programmieren Bots. Unter einem Bot versteht man ein Computerprogramm, das weitgehend automatisch sich wiederholende Aufgaben abarbeitet, ohne dabei auf eine Interaktion mit einem menschlichen Benutzer angewiesen zu sein. In der Praxis kaufen diese Programme dann Bestände bestimmter begehrter Artikel (ob nun Sneaker, Grafikkarten oder Playstations) schneller leer, als es ein Kunde in Fleisch und Blut schafft, nur seinen Vornamen in das Bestellformular einzutippen, um sie dann mit möglichst viel Gewinn weiter zu verkaufen. Jaja, Marktwirtschaft, Angebot und Nachfrage, "der Markt regelt alles" - schon klar.
Solche Mechanismen führen dann dazu, dass irgendwelche Deppen Fotos bei Ebay Kleinanzeigen posten, wie sie mit PS5 im Flur den Domino Day nachspielen - ach ja, nebenbei verkaufen sie sie auch... für gut und gerne das Doppelte oder mehr. Und als Gegenmaßnahmen werden dann Bilder von PS5 bei Ebay verkauft - ja, Bilder. Seien es ausgedruckte Produktfotos oder sogar nur (schlecht) selbst gemalte Zeichnungen (weil wegen dem Copyright, iss klar). Man wolle damit diejenigen schädigen, welche die Produkte haufenweise (per Bot) kaufen, dadurch den Bestand verknappen und künstlich die Preise hochschrauben. Ja nee, und wenn man dann bei ner Auktion 350 Euro für ein selbst gezeichnetes Bild schießt, ist man sicher auch nicht unglücklich darüber.
Die "Beute" der Scalper und Scammer - Fotos: Collage

Asozialität ist eine zumeist als abwertend empfundene und gemeinte Zuschreibung für Verhaltensweisen, die von gesellschaftlichen Normen abweichen und die Gesellschaft vermeintlich oder tatsächlich schädigen. Und genau das trifft es auf den Punkt - für die extremen Varianten der o.g. Vorgehensweisen.

Kleine Randnotiz: "Keine neuen Steuern!", "Keine Übergewinnabschöpfung!", Keine Vermögensabgabe!". Inmitten einer fundamentalen Gerechtigkeitskrise, wo (wieder einmal) Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden, sagt die FDP gebetsmühlenartig: "Der Markt richtet es!". Ja, das tut er... er richtet es ZUGRUNDE!
"Haushaltsübliche Menge" - ja nee, iss klar - Fotos: Collage


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

ICH VERSTEHE ES EINFACH NICHT!

Nein, sorry. Ich komm' einfach nicht mehr mit. Geht nicht in mein Hirn rein. Besteht dieses Land nur noch aus Menschen, die ihre Denkfabrik gegen ein aufgeweichtes Brötchen getauscht haben und/oder sich wie Friedrich Merz selbst (mit einem geschätzten Vermögen von rund 12 Mio. Euro) zur " gehobenen Mittelschicht " zählen und deswegen mehrheitlich künftige Politik für Wohlhabende wählen? Ehrlich, anders begreife ich das nicht. Gut möglich, dass ich z.B. auf Instagram in einer Bubble stecke, wo man denken könnte, es geht noch vielen anderen so. Aber ganz offenbar spiegelt diese Bubble nicht die Mehrheit der Wahlberechtigten wieder. Denn wie ist sonst solch ein aktuelles Umfrageergebnis möglich? Halten wir uns nochmal ganz kurz an den Fakten fest: Dem Kanzlerkandidaten der Union haftet die Skepsis von Führungskompetenz an, da er noch nie (!) ein Amt mit Regierungserfahrung bekleidete. In den jeweils 16 Jahren Kanzlerschaft von Helmut Kohl und Angela Merkel haben ihn beide ...

Verbot von privatem Feuerwerk - JETZT!

Ja, ich weiß... jetzt heißt es bei manchen " Zwei Artikel hintereinander zum gleichen Thema? ". Beruhigt euch! Mit den jüngsten Eindrücken, insbesondere diverse Videos auf Instagram und Co. komme ich da leider nicht drumherum, (nochmals) meinen Senf dazuzugeben, verbunden mit einem eindringlichen Appell. Zudem lag der Fokus des vorangegangenen Artikels auf dem Kauf, dieser hier handelt vom Umgang mit Feuerwerk und den m.E. daraus resultierenden notwendigen Maßnahmen. Silvester in den 1970ern: Im Fernsehen wird der Countdown gezählt, Mitternacht, man macht eine Flasche Sekt auf, stößt an. Man geht vor die Tür, behangen mit Luftschlangen und bunten Papphütchen auf dem Kopf, zündet seine drei Raketen, "Aaaahhh, Ooohh". " Frohes Neues! " wird den Nachbarn auf der Straße zugerufen und dann wurde drinnen weitergefeiert. Die Älteren werden sich erinnern. Grafik: Collage Heute: Tagelanger Bürgerkrieg ! JA, sagen wir es doch, wie es ist! Nur ein kurzer Rückblick a...

Es gibt KEIN Argument gegen Klimaschutz!

"Fridays for Future" wollte mit friedlichen Demonstrationen möglichst viele Menschen mobilisieren, gehört mittlerweile aber praktisch zum (harmlosen) "demokratischen Inventar". Damals war der größte Aufreger, dass die Jugendlichen freitags die Schule schwänzten. Heute (gefühlt): "Ist Freitag. Demo?" - "Ja, klar. Danach Steakhaus?". Derzeit präsenter: Die "letzte Generation", denn sie will mit aufsehenerregenden Aktionen auf das dramatische Tempo beim Klimawandel aufmerksam machen. Eins vorweg: Auch ich ("Generation X") finde, dass in dieser Hinsicht zu wenig Tempo gemacht, dafür hingegen zu viel diskutiert wird. Das Problem ist aber nicht der Diskurs an sich - grundsätzlich sollten gewisse Dinge gut geplant und daher besprochen werden, bevor man Hals über Kopf irgendwas macht, was einem gerade im Moment als (vermeintlich) richtig erscheint. Das eigentliche Problem: Es gibt (leider) zu viele, die Wissenschaft als "Meinung...