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Der Schlips zeigt zum Boden - nicht zum H...

Donald Trump ist ein unaufhörlicher Quell an Wunderlichkeiten. Da ist dieser Spray-Teint, ein eigentliches Faszinosum. Das Haar, in zuckerwattiger Konsistenz ums Haupt drapiert... und dann noch diese Farbe! Okay, Schwamm drüber. Bei einem milliardenschweren Unternehmer glaubt man dann zumindest klamottentechnisch eigentlich an maßgeschneiderte Anzüge, Schuhe aus feinstem Leder - und goldene Krawattennadeln. Nicht bei Trump. Seine Anzüge sind übergroß, sitzen dadurch absolut grotesk und schimmern irgendwie fies polyesterig. Einmal kam sogar das Gerücht auf, er trage ein Mieder, um die Bauchregion optisch im Zaum zu halten, aber das wäre jetzt nicht wunderlich, sondern logisch - das machen sie in Hollywood alle. Auch (stilistisch) problematisch: Die Schulterpolster. Die sind absolut trumpig, nämlich von solch massiver Dimension, dass selbst die 1980er dagegen schmächtig wirken (guckt mal alte Folgen von "Miami Vice" auf Youtube!). Und dann die immer viel zu langen Krawatten, die er ganz entgegen seiner Art zu einem sehr, sehr kleinen Knoten bindet. Manchmal klebt er die Krawatte mit Klebeband auf der Rückseite fest, anstatt stilsicher eine Krawattenklammer zu verwenden.

Auf dem gesamten Foto ist Trump mit Milei zu sehen und selbst der weiß, dass man auch den Jacketknopf öffnet, wenn man sich hinsetzt - Quelle: FAZ

Zusammenfassend: Wie der Bösewicht in einem Superhelden-Comic trägt Trump immer dasselbe Kostüm: einen zu großen, schlechtsitzenden Anzug aus zu weichem Material (der aber trotzdem meist von Brioni stammt und mehrere 1.000 Dollar kostet) zu einer sehr auffälligen Seiden-Krawatte, oft aus seiner eigenen, in China produzierten Kollektion. Und Trumps Krawatten haben sogar einen eigenen Twitter-Account. Dort sind die schönsten Bilder seiner längsten Krawatten versammelt – ein bisschen bearbeitet vielleicht, aber der Realität nicht völlig unähnlich.

Trump hat den längsten... Schlips - Quelle: Jetzt.de

Krawatten, umgangssprachlich auch "Schlips" und in vornehmeren Kreisen "Binder" genannt, sind mehr als nur ein Stück Stoff, das man auf weit über hundert verschiedene Arten binden kann. Sie sind Botschafts- und Würdenträger in einem, manchmal mit politischem und wirtschaftlichem Auftrag. Berechtigterweise kann man politisch gesehen gespaltener Meinung sein zum US-Präsidenten Donald Trump. Aber: Warum hat ein so mächtiger und wohlhabender Mann ganz offenbar so schlechte Stilberater? Was hat es mit Trumps "Überlänge" auf sich? Will er auf etwas hinweisen? Ein Schelm, wer hier Vergleiche anstellt. Und ehrlich, wer mag darüber schon gern nachdenken? 

Oder weiß Trump es nicht besser? Das ist unwahrscheinlich, denn der Mann, zu dessen Imperium auch ein Anzug- und Krawattenlabel (Donald J. Trump Signature Collection) gehört, ist notorisch fixiert auf Äußerlichkeiten: Hillary Clinton warf er mal einen Mangel an "präsidentialem Look" vor. Wer so spricht, dem entgeht (normal) kein bis über den Bauch pendelnder Fauxpas. Wieso können also weder sein eigenes modisches Empfinden noch PR-Berater und Stylistin Trump zum Kürzen der Krawatte bewegen? Viel plausibler scheint es, dass er mit dem langen Schlips jene provozieren will, die er als Establishment kritisiert, also jene, die sich an die Stiletikette halten (die Spitze der Krawatte sollte die Oberkante des Gürtels berühren). Trump verstößt nicht fein kalkuliert gegen Regeln, sondern er setzt sich darüber hinweg und sendet damit das Signal aus: Ich tue, was ich will, Regeln gelten für mich nicht. Gleichzeitig will er jenen, denen richtige Knoten und Längen bei Krawatten egal sind, zeigen, dass er einer von ihnen ist... was er aber natürlich nicht ist.

Krawattennadel? Ach was! "Tesa" tut's auch! - Quelle: GQ

Hinter dem Tie-Gate steckt pure Absicht. "Dass er darüber Macht, Stärke, Männlichkeit und Größe Darstellen will, ist eindeutig", erklärt eine Psychotherapeutin. Das alte Spiel mit der Symbolik der Länge also. Farbe und Länge von Trumps Herrenmode-Accessoire sind kein Zufall, sondern ein bewusstes Statement. Menschen reagieren stark auf optische Reize – oft unbewusst. Laut Farbenlehre steht Rot symbolisch für intensive Emotionen wie Wut und Aggression, im politischen Kontext auch für Macht, Energie, Durchsetzungsstärke und Entschlossenheit. Zudem ist es die (inoffizielle) Parteifarbe der US-Republikaner. Sein zu langer Schlips, seine Frisur und die durch Selbstbräuner orange gefärbte Gesichtshaut sind bewusste Zeichensetzungen, es sind Stinkefinger in Richtung guter Geschmack und damit des von Trump und seinen Wählern abgelehnten Establishments.

Anders gedacht könnte man aber auch meinen: Werden Trumps Krawatten mit jeder Lüge länger, wie Pinocchio's Nase? Man weiß es nicht... Dass der Schlips zum Boden und nicht zum Hoden zeigt, wusste aber bereits Otto

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